
Lern- und Bildungsforschung
Die Erforschung von Lern- und Bildungsprozessen reicht von den neurobiologischen und kognitionspsychologischen Grundlagen des Lernens bis hin zu den komplexen Abläufen und Interaktionen, die gelingende Bildungsprozesse ausmachen. Diesen Spanungsbogen haben wir bei unseren Projekten immer im Blick: Wenn wir forschen, um Lern- und Bildungsprozesse besser zu verstehen und wenn wir unsere Ergebnisse zusammen mit anerkannten Erkenntnissen der internationalen Lernforschung für die Praxis nutzbar machen.
In dieser Rubrik finden Sie Studien zu Grundlagen und Rahmenbedingungen des Lernens, Evaluationen sowie Anwendungsprojekte, die der Entwicklung und Wirksamkeitsprüfung neuer Ansätze und Konzepte dienen.
Projekte

abc – achtsam, bedacht, clever!
Stärkung von exekutiven Funktionen und Selbstregulation als Grundlage für Sicherheit, Gesundheit und Bildungserfolg in der Grundschule
Ziel des abc-Forschungsprojekts ist die Stärkung der exekutiven Funktionen und Selbstregulation bei Grundschulkindern, da diese Fähigkeiten eine zentrale Voraussetzung für sicheres und gesundes Verhalten sowie für gelingendes Lernen und Bildungserfolg darstellen.

Die Wirkung von Musikalischer Früherziehung auf die Entwicklung von Kindern
Musik tut gut — sie kann beruhigen, trösten oder auch Freude bereiten. Musik und Bewegung zur Musik kann Balsam für die Seele sein. Schon kleine Kinder lieben Musik. Aber kann Musik auch mehr? Wirkt sich Musik förderlich auf die Sprachverarbeitungsfähigkeiten, das Sozialverhalten oder die allgemeine kognitive Leistung aus?
Mai 2017 – April 2020
Kooperationspartner
Landesmusikschulwerk Oberösterreich
Um die Auswirkungen von Musik auf die Entwicklung von Kindern zu untersuchen, kooperieren wir im Auftrag des Landesmusikschulwerkes Oberösterreich mit über 20 Kindertagesstätten. Die per Zufallsprinzip ausgelosten Kindertagesstätten in Oberösterreich wurden in vier Gruppen aufgeteilt:
Einem Teil der Kinder bieten wir an, an einem typischen Programm zur musikalischen Früherziehung teilzunehmen. Die ErzieherInnen werden dabei mitgeschult und integrieren musikalische Elemente in den Kita-Alltag. Ein zweiter Teil der Kinder nimmt ebenso an musikalischer Früherziehung teil, allerdings führen die ErzieherInnen das Angebot nicht im Kita-Alltag weiter. Beide Kinder-Gruppen erhalten das Programm der musikalischen Früherziehung für 50 Minuten pro Woche im Kindergarten. Über einen Zeitraum von 2 Jahren arbeiten ausgebildete MusischullehrerInnen mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der musikalischen Früherziehung mit den Kindern. Die MusischullehrerInnen arbeiten auf der Grundlage des etablierten Lehrplans für Musikschulen EMP-Elementare Musikpädagogik der Konferenz der österreichischen Musikschulwerke. Einer dritten Kindergruppe wird von erfahrenen Leseeltern aus Kinderbüchern vorgelesen und eine vierte Gruppe nimmt wie gewohnt am normalen Tagesablauf des Kindergartens teil. Dadurch ist es uns möglich die Wirkung des Musikprogramms einzuordnen.
Vor Beginn des Projekts, während des Projektes und am Ende dokumentieren geschulte Musikschuldirektoren und Musikschullehrkräfte den Entwicklungsstand der Kinder.
Projektziele
Mit dem Projekt möchten wir feststellen wie Kinder von musikalischer Früherziehung in ihrer Entwicklung profitieren, wie häufig die Angebote stattfinden sollten und wie wirksam musikalische Früherziehung im Vergleich zu anderen Aktivitäten wie Vorlesen und Lernen im Spiel ist.

In MEDIAs res: Qualifizierungs-Offensive zur performanten Mediennutzung im Lernen, im kollegialen Austausch und in der Arbeit
in MEDIAs res – das bedeutet „mitten in die Dinge hinein“. Ziel von in MEDIAs res ist, ein Lernkonzept zu entwickeln, das Mitarbeitenden hilft, digitale Medien besser zu nutzen, sowohl im Arbeitsalltag als auch beim Lernen.

März 2017 bis Februar 2020
Kooperationspartner
Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (Konsortialführer)
Das Konzept orientiert sich an Prinzipien und Vorgehensweisen aus der agilen Softwareentwicklung (beispielsweise Scrum), die entsprechend angepasst und mit dem Ansatz des selbstorganisierten Lernens sowie mit Praktiken aus dem informellen Lernen verknüpft werden.
in MEDIAs res unterstützt so, ganz im Sinne von “mitten in die Dinge hinein”:
Idealerweise gilt es, die gesamte Belegschaft eines Unternehmens darin zu unterstützen, aktuelle Anforderungen und Lernbedarfe der digitalisierten Arbeit zu erkennen. Die Mitarbeitenden sollen sich ohne unnötige Verzögerungen jederzeit schnell und bedarfsgerecht neue Mediennutzungsmuster aneignen können. Sie nutzen dazu Lernformen des Erfahrungsaustauschs und eines Erfahrungslernens “on the job”. Nachteile üblicher Weiterbildungsformate werden so aufgehoben – gleichzeitig bleiben die Vorzüge einer organisatorisch-technisch unterstützenden Struktur erhalten.
Methode
In den Umsetzungsunternehmen sollen Lern-Sprints durchgeführt werden. Dafür werden in der Vorkonzeptionsphase die Rollen, Prozesse und Instrumente vom Scrum-Prozess auf betriebliches Lernen übertragen. Parallel werden in den Umsetzungsunternehmen geeignete Bereiche und Themenstellungen identifiziert.
Anschließend qualifizieren wir Mitarbeitende zu sogenannten Sprintbegleitern und begleiten sie in ihrer Aufgabe. Die Sprintbegleiter moderieren die Lernteams und unterstützen so den Sprint-Lernprozess. Durch ihre definierte Länge und feste Schrittfolge bilden die Lernsprints Iterationsschleifen ab und führen die Lernenden selbstbestimmt an ihr Lernziel.
In jedem Unternehmen werden mehrere Sprint-Lernprozesse begleitet und dokumentiert. Aus der Datenanalyse gewinnen wir Erkenntnisse a) für Anpassungen der folgenden Sprint-Lernprozesse, b) zu fördernden und hemmenden Faktoren und c) wesentlichen Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Grenzen des Sprint-Lernens.
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF (FKZ 01PZ16003B) und Europäischer Sozialfonds der Europäischen Union ESF




Umsetzungspartner
ANDREAS STIHL AG & Co. KG (Waiblingen), BBBank eG (Karlsruhe), eXXcellent solutions GmbH (Ulm), MARVECS GmbH (Ulm)
Dokumentation und weiterführende Links
Veröffentlichungen
Jungclaus, J. & Schaper, N. (2021). Agiles Sprintlernen wirkt – aber warum? Theoriegeleitete Analyse der Wirkprinzipien eines Gestaltungsansatzes für arbeitsbezogene Kompetenzentwicklung. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO, 52(1), 105-120, https://doi.org/10.1007/s11612-021-00557-x.
Jungclaus, J. (2021). Worauf kommt es an? Qualitätssicherung im agilen Lernen. In J. Longmuss, G. Korge, A. Bauer, & B. Höhne (Eds.), Agiles Lernen im Unternehmen (pp. 111-118). Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg. URL.
Jungclaus, J., Arndt, P. A., & Bauer, A. (2021). Begleitung will gelernt sein – ein Qualifizierungskonzept für die Rolle der methodischen Begleitung. In J. Longmuss, G. Korge, A. Bauer, & B. Höhne (Eds.), Agiles Lernen im Unternehmen (pp. 119-126). Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg. URL.
Jungclaus, J., & Hocquel, M. (2021). Agiles Lernen – weltweit vernetzt. . In J. Longmuss, G. Korge, A. Bauer, & B. Höhne (Eds.), Agiles Lernen im Unternehmen (pp. 23-31). Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg. URL.
Korge, G., & Jungclaus, J. (2021). Agile Lernprojekte systematisch vor- und nachbereiten. In J. Longmuss, G. Korge, A. Bauer, & B. Höhne (Eds.), Agiles Lernen im Unternehmen (pp. 99-109). Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg. URL.
Jungclaus, J., Korge, G., Arndt, P., & Bauer, A. (2019). Agiles Sprintlernen – ein Konzept für dezentrales betriebliches Lernen: Empirische Begründung und praktische Erfahrungen. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 50(2), 217-227. URL..
Korge, G., Jungclaus, J., & Bauer, A. (2018). Agiles Sprintlernen. Eine neue Lernform für die digitalisierte Arbeitswelt. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb, 113(10), 637-640. URL
Tagungsbeiträge
Bauer, A., Jungclaus, J., & Korge, G. (2019, März). Evaluation am offenen Herzen: Herausforderungen in der begleitenden Evaluation des agilen Sprintlernens. In M. Clasen, C. Hoffmann, H. Kolrep-Rometsch, & R. Freyta (Eds.), 23. Fachtagung der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie (GWPs) (pp. 27-28). Berlin: Pabst, Lengerich.

Wie lernen Kinder besser Schreiben und Lesen? – Der Einfluss des Schreibmediums auf kognitive Leistungen und neuronale Aktivierungsmuster
Computer, Laptops, Smartphones und andere Medien haben sich zu einem festen Bestandteil unseres Lebens entwickelt. Auch in Schulen und Kindergärten haben digitale Medien Einzug gehalten.

Dezember 2015 bis September 2019
Kooperationspartner
Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III, Sektion für kognitive Elektrophysiologie
Förderung
Unterstützt wird die Studie von der STAEDTLER Mars GmbH & Co KG
Publikationen
Mayer, C., Wallner, S., Budde-Spengler, N., Kiefer, M., & Arndt, P. (2020). The influence of the writing instrument (pencil, tablet stylus or keyboard) on reading and writing performance at the letter and word level of kindergarten children. . In C. Dobel, C. Giesen, L. Grigutsch, J. M. Kaufmann, G. Kovács, F. Meissner, K. Rothermund, & S. R. Schweinberger (Eds.), TeaP 2020. Abstracts of the 62nd Conference of Experimental Psychologists (pp. 306). München: Pabst Science Publishers.
Mayer, C., Wallner, S., Budde-Spengler, N., Braunert, S., Arndt, P. A., & Kiefer, M. (2020). Literacy Training of Kindergarten Children With Pencil, Keyboard or Tablet Stylus: The Influence of the Writing Tool on Reading and Writing Performance at the Letter and Word Level. Frontiers in Psychology, 10:3054.
Mayer, C., Wallner, S., Budde-Spengler, N., Kiefer, M., & Arndt, P. (2019, Juni). Does the writing instrument (pencil, tablet pen or keyboard) affect letter recognition and visual spatial skills in kindergarten children? Poster presented at the Writing Word(s) Workshop WWW 2019, Marseille, France.
Mayer, C., Wallner, S., Budde-Spengler, N., Kiefer, M., & Arndt, P. (2019, März). Wie lernen Kinder besser Schreiben und Lesen? Der Einfluss des Schreibmediums auf die Buchstabenerkennung bei Kindergartenkindern. Poster presented at the 7. Tagung der GEBF „Lehren und Lernen in Bildungsinstitutionen“, Köln.
Arndt, P. A. (2018). Schreiben mit der Hand: Wichtiger Beitrag zum Schriftspracherwerb oder veraltete Kulturtechnik? In H. Böttger & M. Sambanis (Eds.), Focus on Evidence II: Netzwerke zwischen Fremdsprachendidaktik und Neurowissenschaften (pp. 55-69): Narr Francke Attempto Verlag.
Mayer, C., S., W., Trumpp, N. M., Hille, K., Sachse, S., Arndt, P., & Kiefer, M. (2017). Pen or keyboard? The influence of the writing medium on the reading and writing performance in preschool children. Paper presented at the 2. International Symposium on Handwriting Skills, Darmstadt.

YOLO – (Selbst)sicher Radfahren: Ein Projekt zur Förderung der Sicherheit jugendlicher Radfahrer durch Stärkung der Selbststeuerungskompetenz
Sicheres Radfahren stellt viele Anforderungen an Kinder und Jugendliche. Während der Grundschulzeit wird viel Wert auf das Vermitteln von theoretischem Wissen und das Einüben praktischer Fähigkeiten gelegt, die für sicheres Radfahren wichtig sind. Doch obwohl in der Grundschule einige Zeit in Verkehrserziehung investiert wird, schnellen die Radunfallzahlen laut den Statistiken zum Schülerunfallgeschehen ab einem Alter von 10 Jahren in die Höhe.

Bildungshaus 3 – 10
Pädagogischer Verbund zwischen Kindergarten und Grundschule
Das „Bildungshaus 3 – 10“ war ein Modellprojekt des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. Es hatte eine Laufzeit von sieben Jahren. Innerhalb des Modellprojektes bildeten an 32 Modellstandorten jeweils eine Schule und ein oder mehrere Kindergärten seit dem Kindergarten-/Schuljahr 2007/2008 bzw. 2008/2009 einen Kooperationsverbund. In diesen Bildungshäusern wurden gemeinsame, institutions- und jahrgangsübergreifende Spiel- und Lernangebote erarbeitet und umgesetzt. Ziel der Verzahnung der pädagogischen Arbeit von Kindergarten und Grundschule war es, Kindern eine bruchlose Bildungsbiographie zu ermöglichen, indem unter Berücksichtigung individueller Lernrhythmen ein möglichst fließender Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule geschaffen wurde. Zudem sollten die pädagogischen Fachkräfte aus Kindergarten und Schule durch die gemeinsame Planung, Durchführung und Reflexion des Bildungstages in ihren Aufgaben profitieren und sich gegenseitig bereichern.

Evaluation Das “Grüne Klassenzimmer”
Der Botanische Garten der Universität Ulm bietet erlebnisorientiertes Lernen für Schulklassen im „Grünen Klassenzimmer“ an. Die Schüler bekommen die Möglichkeit durch Beobachten, Anfassen oder Schnuppern viel über unsere heimische Flora und Fauna zu erfahren. Fokussiert wird dabei das Erleben und Erfahren der Umwelt zur Herausbildung einer persönlichen Identität.
Botanischer Garten der Universität Ulm
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Schulamt Hochtaunus und Wetteraukreis
Zwei Schulklassen mit insgesamt 40 Viertklässlern besuchten für je einen halben Tag das Grüne Klassenzimmer. Wenige Tage vor diesem Besuch und mindestens eine Woche danach wurden ihre Einstellungen zu Kleintieren wie z.B. Käfern, Asseln, Tausendfüßlern, Spinnen mithilfe eines Semantischen Differentials abgebildet. Die Schüler haben dabei die Gruppe der Kleintiere insgesamt zwischen je zwei antipolaren Adjektiven (z.B. langweilig vs. spannend; unnütz vs. nützlich; eklig vs. niedlich) auf einer Skala von 1 bis 7 eingeschätzt. Insgesamt wurden 13 Adjektivpaare angeboten, die Ekel und Angst vor Tieren sowie deren Nützlichkeit thematisieren. 38 Schüler der Parallelklassen, die nicht das Grüne Klassenzimmer besuchten, wurden ebenfalls im gleichen Zeitraum gebeten, das Semantische Differential auszufüllen.
Ergebnisse
Bei sieben von dreizehn angebotenen Adjektiven zeigt sich bei der Versuchsgruppe eine signifikante Verschiebung in Richtung einer positiveren Einstellung zu den Kleintieren. Schüler finden die Kleintiere nach dem Besuch des Grünen Klassenzimmers spannender, nützlicher, niedlicher, notwendiger, besser, harmloser und schützenswerter als vorher. Bei der Kontrollgruppe lässt sich im Vergleich bei keinem Paar eine signifikante Verschiebung in die gewünschte Richtung feststellen. Diese Einstellungsänderung ist bemerkenswert unter mindestens zwei Gesichtspunkten: Zum einen befanden sich die Schüler lediglich einen halben Tag im Grünen Klassenzimmer. Zum anderen standen sie beim erneuten Ausfüllen des Semantischen Differentials nicht unter dem unmittelbaren Einfluss des Tages, da die Messung mindestens 7 Tage nach dem Besuch stattfand. Dass die Ergebnisse dennoch erzielt werden konnten, spricht für die Sensitivität des Instruments wie auch für die Wirkung des Grünen Klassenzimmers. Bei der Kontrollgruppe konnte keine signifikante Veränderung hin zu einer positiveren Einstellung gefunden werden.
119 Gymnasiasten aus den Klassenstufen 5 – 9 wurden gebeten, im Rahmen des Biologieunterrichts einen kurzen Aufsatz über „Kleintiere unserer Heimat“ zu schreiben. Von diesen Gymnasiasten waren 76 bereits im Grünen Klassenzimmer. Diese Besuche lagen zwischen einem und fünf Jahren zurück. Bei der Auswahl der Schulklassen wurde darauf geachtet, dass sich in den getesteten Klassen sowohl Schüler befanden, die das Grüne Klassenzimmer bereits besucht hatten, als auch Schüler, die noch nie dort gewesen sind. Damit wurde erreicht, dass die Versuchs- und Kontrollprobanden aus vergleichbaren Einzugsgebieten stammten und mit demselben Lehrer und in der derselben Schule lernten. Die von den Schülern angefertigten Aufsätze wurden hinsichtlich verschiedener Kategorien ausgewertet. Die Kategorien wurden entwickelt, um die qualitativen Daten der Aufsätze in eine quantitative Form zu transferieren. Für das Festlegen der Kategorien war ein erstes Durchsehen der Aufsätze durch eine nicht am Grünen Klassenzimmer beteiligte Person entscheidend.
Die Beschreibungen und Äußerungen der Schüler wurden analysiert im Hinblick auf
– die Anzahl der genannten Tierarten; z.B. Regenwürmer, Zecken, Schwalbenschwanz;
– die Anzahl der enthaltenen wissenschaftlich korrekten Aussagen/ „Conceptions“; z.B. „Spinnen haben acht Beine“, „Kleintiere sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette“, „Wolfsspinnen tragen ihren Kokon am Hinterkörper“;
– die Anzahl der enthaltenen wissenschaftlich fehlerhaften Aussagen/ „Misconceptions“; z.B. „Giftige Spinnen haben ein Kreuz auf dem Rücken“, „die Punkte auf dem Rücken des Marienkäfers zeigen sein Alter an“, „es gibt wirbellose Insekten wie Schnecken“;
– die Anzahl der enthaltenen positiven Emotionen gegenüber Tieren; z.B. „Spinnen sind friedliebende Tiere“, „Kleintiere sind interessant, „sehr süß“, „schön“;
– die Anzahl der enthaltenen negativen Emotionen gegenüber Tieren; „die Feuerwehr musste das Nest ausbrennen“, „können sterben, wenn sie eine Wespe sticht“, „Kleintiere sind lästig, nervig, eklig“.
Diese Analyse mit den Zählungen wurde vorgenommen, ohne dass der Auswertende wusste, ob der Aufsatz von einem Schüler geschrieben worden war, der das Grüne Klassenzimmer besucht hatte oder nicht.
Ergebnisse
Es zeigte sich, dass die Versuchsgruppe mehr wissenschaftlich korrekte Aussagen und auch weniger falsche Aussagen bezüglich der Kleintiere trifft als die Kontrollgruppe. Das „Wissen“ als Differenz aus richtigen (Conceptions) und falschen Aussagen (Misconceptions) zu den Kleintieren ist bei der Versuchsgruppe größer. Auch die Emotionalität gegenüber den Tieren (Differenz aus Anzahl der positiven und negativen Emotionen) unterscheidet sich zwischen den Gruppen: Die Gruppe der Schüler, die das Grüne Klassenzimmer besuchten, erwähnten insgesamt eher positive, die Vergleichsgruppe eher negative Emotionen im Zusammenhang mit Kleintieren.
Die Analyse der Aufsätze legt nahe, dass das Grüne Klassenzimmer einen nachhaltigen Einfluss auf die Schüler hat. Kinder, die das Grüne Klassenzimmer besuchten, wissen mehr Richtiges und äußern weniger Falsches über Kleintiere. Darüber hinaus verbinden sie die Kleintiere mit positiveren Emotionen. Diese Ergebnisse sind nicht zuletzt deshalb eindrucksvoll, weil der Besuch des Grünen Klassenzimmers mindestens ein Jahr vor der Befragung stattfand und nicht länger als einen Tag dauerte. Wir gehen nicht davon aus, dass das vermehrte Wissen der Besucher des Grünen Klassenzimmers direkt von den Stunden dort herrührt, obwohl in einigen Aufsätzen ein direkter, unmittelbarer Bezug hergestellt werden kann. Vielmehr vermuten wir einen indirekten, mittelbaren Einfluss des Besuchs, der bei den Kindern im Sinne einer Initialzündung vielleicht Interesse an den Kleintieren weckt und eine positive Einstellung den Tieren gegenüber hinterlässt. Diese Einstellung und das Interesse würden eine vorteilhafte Grundlage für die Weiterbeschäftigung mit Kleintieren im Schulunterricht oder in der Freizeit darstellen, sodass sich letztendlich diese Gruppen nach Jahren unterscheiden können.
Vor dem Hintergrund, dass Kinder immer weniger die Bewohner ihrer Umgebung richtig kennen, Wirbellose und Insekten ohnehin eine untergeordnete Rolle spielen und diese sogar eher mit Ekel und Abscheu belegt sind, lässt sich eine wünschenswerte und erfreuliche Wirkung des Grünen Klassenzimmers aus den dargestellten Ergebnissen ableiten. Dies gilt besonders hinsichtlich der Tatsache, dass Ekel durchaus eine Barriere für effektive Umweltbildungsmaßnahmen sein kann (s.o.). Das Konzept fördert somit eine ökologische Grundbildung, welche ein Interesse gerade für die Kleintiere und deren Funktion im Naturkreislauf weckt, diese spannend darstellt und die Abneigung zu diesen abbaut oder in das Gegenteil umkehrt. Wohlmöglich reicht schon das kurzzeitig geweckte Interesse im Grünen Klassenzimmer im Sinne einer Initialzündung aus, sich mehr und positiver mit den Kleintieren zu beschäftigen. Dieser Schluss wird durch Schüleraufsätze nahegelegt, in denen die Besucher des Grünen Klassenzimmers mehr Wissen und positivere Emotionen gegenüber den Kleintieren äußern.
Die Stichprobe bestand aus 192 Schülern der 4. und 5. Klasse (zwischen 10 und 12 Jahren; 93 Jungen, 99 Mädchen). Die Versuchsgruppe bestand aus 92 Schülern, die das Grüne Klassenzimmer einen Vormittag lang besuchten. 100 Schüler der Parallelklassen (gleiche Schule, gleiche Jahrgänge) bildeten die Kontrollgruppe. Die Schüler kamen aus 5 Schulen im Südwesten Deutschlands. In jeder Schule gab es eine Klasse, die als Versuchsgruppe und eine Klasse, die als Kontrollgruppe fungierte.
Ihr Umweltverhalten wurde durch einen Fragebogen von 31 Items mit einer 5-stufigen Likert Skala erhoben, der ihre ökologischen Einstellungen mit Blick auf zwei Faktoren untersuchte: Umweltnutzung und Umweltschutz (Bogner und Wiseman, 1999; Bogner, 2002).
Fragen zur Umweltnutzung kamen aus folgenden Bereichen:
– „Das ökologische Gleichgewicht“ (5 items; z.B. „Das ökologische Gleichgewicht ist sehr empfindlich und leicht zu stören“),
– „Der Mensch steht über der Natur“ (4 Items; z.B. „Pflanzen und Tiere existieren hauptsächlich, um vom Menschen benutzt zu werden“),
– “Veränderung der Natur“ (4 Items; z.B. „Gras und Unkraut, das zwischen Kantensteinen wächst, sieht äußerst unordentlich aus“), und
– „Menschliche Dominanz“ (3 Items; z.B. „Da sich Mücken in Teichen entwickeln, sollte man diese trockenlegen und für die Landwirtschaft verwenden“).
Fragen zum Umweltschutz kamen aus folgenden Bereichen:
– „Unterstützungsabsichten“ (4 Items; z.B. „Wenn ich mal zusätzliches Taschengeld erhalte, werde ich einen Teil davon an eine Umweltorganisation spenden“),
– „Genuss der Natur“ (4 Items; z.B. „Ich fühle mich in der ruhigen Natur wohl“),
– „Überlegter Umgang mit Ressourcen“ (4 Items; z.B. „Ich schalte immer das Licht aus, wenn ich es nicht mehr brauche“); und
– „Eingeschränktes Wachstum“ (3 Items; z.B. „Menschen müssen mit der Natur in Harmonie leben, um zu überleben“).
Die Motivation von Schülern etwas über Kleintiere in ihrer Umwelt zu lernen, wurde auf der Basis von Items des Academic Self-Regulation Questionnaire (SRQ-A) erhoben. Er verwendet 4 Subskalen, um vier Arten von Motivation zu messen: externe, introjizierte und identifizierte Regulation, und intrinsische Motivation. Wir haben zwei Items aus jeder Subskala verwendet und gefragt, warum Schüler etwas über Kleintiere (Tausendfüßler, Spinnen und Insekten, etc.) ihrer Umwelt lernen wollten. Dieser Frage folgten 8 Antworten, die die 4 Motivationsarten der Skala widerspiegelten. Die Schüler antworteten nach einer 4-stufigen Likert-Skala („trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft absolut zu“).
Zwischen 5 und 7 Tage bevor die Schüler der Versuchsgruppe das Grüne Klassenzimmer besuchten, füllten beide Gruppen die Fragebögen in der Schule aus, um ihr Umweltverhalten und ihre intrinsische Motivation zu erheben und eine Baseline zu erstellen. Während des Ausflugs suchten die Schüler nach Kleintieren in ihrem natürlichen Habitat, fingen sie ein, lernten etwas über sie, beobachteten sie genau unter einer Lupe, um sie zeichnen zu können, und ließen sie dann wieder frei – die klassische Lernsituation im Grünen Klassenzimmer. Zurück in der Schule füllten die Schüler beider Gruppen die Fragebögen innerhalb von 5 bis 7 Tagen als Folgeerhebung erneut aus.
Ergebnisse
Das Umweltverhalten mit Bezug auf Naturschutz veränderte sich in Versuchs- und Kontrollgruppe. In der post-Test Evaluation waren beide Gruppen weniger geneigt, die Natur zu schützen. Erhebungen bezüglich der Umweltnutzung veränderten sich nur bei der Versuchsgruppe, was in der Folgeerhebung im Vergleich zur Baseline auf ein positiveres Verhalten gegenüber der Umwelt hindeutet. Veränderungen waren v.a. in den Bereichen „Der Mensch steht über der Natur“ und „Veränderung der Natur“ zu beobachten. In der Folgeerhebung machten Schüler der Versuchsgruppe wen iger Äußerungen, dass Menschen die Natur verändern dürfen, um sie ihren Bedürfnissen anzupassen. Bei der Kontrollgruppe war bezüglich der Umweltnutzung keine Veränderung zu beobachten.
Die Versuchsgruppe zeigte im Umgang mit Kleintieren in der Folgebefragung höhere intrinsische Motivation als die Kontrollgruppe. Die Schüler drückten ein stärkeres Interesse aus, über Kleintiere zu lernen, und berichteten über mehr Spaß daran. Die Schüler der Kontrollgruppe zeigten weder eine Veränderung der intrinsischen, noch irgendeiner anderen Art von Motivation, außer einer leichten Tendenz zur abgeschwächten identifizierten Regulation.
Während die Intervention eine positive Verhaltensänderung in Bezug auf die Umweltnutzung bei der Versuchsgruppe zur Folge hatte, wurde das Umweltverhalten bezüglich des Naturschutzes negativ verändert. Dieser Effekt wurde in beiden Gruppen beobachtet, die nachher weniger geneigt waren, die Natur zu schützen. Da hier allerdings beide Gruppen denselben Rückgang zeigten, betrachten wir diesen Effekt nicht als Resultat der Intervention, sondern er ist eher auf Aspekte zurückführen, die den Gruppen gemein sind (für mögliche Erklärungen, siehe Drissner et al. 2010).
Implikationen
Diese Studien zeigen, dass das Grüne Klassenzimmer einen positiven Einfluss auf Einstellungen gegenüber Kleintieren und der Umwelt hat, und die intrinsische Motivation steigert, etwas über Kleintiere zu lernen. Das gesteigerte Interesse und die positive Einstellung gegenüber Kleintieren könnte erklären, wieso Schüler, die das Grüne Klassenzimmer besucht haben, noch Jahre später positivere Emotionen und bessere Kenntnisse über Kleintiere unseres Lebensraumes aufweisen als Schüler, die nicht an dem Ausflug teilgenommen haben. Eine solche Nachhaltigkeit mag auf einen engen Zusammenhang zwischen Kenntnissen und Einstellungen hindeuten. Die Ergebnisse der Teilstudien weisen darauf hin, dass ein pädagogischer Rahmen hier einen wertvollen prägen den Einfluss hat, der Einstellungen und Motivationen gegenüber bestimmten Tieren beeinflusst, und auf das allgemeine Umweltverhalten sowie auf langfristige Kenntnisse und Emotionen, die mit Tieren des Grünen Klassenzimmers assoziiert sind, übergreifen könnte.
Publikationen
Drissner, J., Krimm, H., & Hille, K. (2017). Attitudes of School Children in Germany, Costa Rica and Ukraine. Towards Invertebrates – A Comparison. International Journal of Modern Education Research, 4(2), 6-9.
Drissner, J., Simonte, M., & Hille, K. (2016). Attitudes of School Children in Germany and Costa Rica towards Invertebrates – A Comparison. Research Journal of Education, 2(3), 34-37.
Drissner, J., Gelder, J., & Hille, K. (2015). Welche Faktoren im Unterrichtsgeschehen der Ulmer „Zooschule “sind für Schulkinder besonders einprägsam? Der Zoologische Garten, 84(3-4), 184-192.
Drissner, J. R., Haase, H.-M., Wittig, S., & Hille, K. (2014). Short-term environmental education: long-term effectiveness? Journal of Biological Education, 48(1), 9-15.
Drissner, J., Steigmüller, M.-L., & Hille, K. (2013). Environmental Education outside school: effects of a half-day teaching programme. Education Journal, 2(6), 231-235.
Drissner, J., Haase, H.-M., Rinderknecht, A. & Hille, K. (2013). Effective Environmental Education through Half-Day Teaching Programmes Outside School. ISRN Education, 2013, 6.
Drissner, J., Haase, H.-M., Nikolajek, M., & Hille, K. (2011). Environmental Education in a ‘Green Classroom’. Resonance – Journal of Science Education, 16(2), 180-187.
Drissner, J., Haase, H.-M., & Hille, K. (2010). Short-term Environmental Education – Does it work? An evaluation of the “Green classroom”. Journal of Biological Education, 44(4), 149-155
Drissner, J., Haase, H.-M., Debatin, S., & Hille, K. (2009). Das Grüne Klassenzimmer im Botanischen Garten der Universität Ulm: ein Beispiel für die Bedeutung Botanischer Gärten für die Umweltbildung. Der Palmengarten, 73(2), 126-131.
Drissner J., Hille K., Debatin S., Haase H.-M. (2008). Das Grüne Klassenzimmer im Botanischen Garten der Universität Ulm – eine Wirkungsanalyse Diskurs Kindheits- und Jugendforschung Heft 2 2008, 209-218.
MAUS – Mehrsprachig aufwachsende Kinder sprachlich fördern
Frühe Sprachförderung mehrsprachiger Kinder mit einem alltagsintegrierten Förderansatz – Folgeprojekt zu „SPATS – Sprachförderung“
Die Förderung sprachlicher Fähigkeiten ist eine zentrale Aufgabe in Kindertagesstätten. Besonders mehrsprachige Kinder sind in diesem Rahmen auf bestmögliche Bedingungen angewiesen, um Deutsch zu lernen und somit über sprachliche Fähigkeiten zu verfügen, die Ihnen einen gelingenden Start in die Schule ermöglichen.

2006 bis 2010
Das Projekt wurde gefördert von der Albert und Barbara von Metzler-Stiftung, Frankfurt am Main
Kooperationspartner
PH Heidelberg
FRIZ Frühinterventionszentrum, Heidelberg
Universität Hildesheim
Studien, die die Effektivität von Sprachförderkursen im Vorschulalter untersucht haben, zeigen meist ernüchternde Ergebnisse (EVAS (Schöler 2005; Hofmann, Polotzek et al. 2008); DACHS in „Schwerpunkt Sprache“ (Sachse 2008; (Sachse, Budde et al. 2010); EKOS (Wolf, Stanat & Wendt, 2010)). Demgegenüber liegen erste positive Ergebnisse zur Effektivität alltagsintegrierter Sprachförderung vor (Girolametto, Weitzman et al. 2003; Girolametto, Weitzman et al. 2004; Buschmann, Jooss et al. 2010; Buschmann, Simon et al. 2010). Interaktionstrainings, in denen das pädagogische Fachpersonal in seiner Kompetenz im Umgang mit sprachauffälligen ein- und mehrsprachigen Kindern gestärkt werden und diese den gezielten Einsatz von Sprachlehrstrategien üben, erwiesen sich sowohl in Krippe als auch Kindergarten als effektiv.
Ziel
Ziel der Studie ist es, aus den bestehenden praktischen und theoretischen Erfahrungen ein sprachbasiertes Interaktionstraining für Erzieherinnen mehrsprachiger Kinder zu entwickeln, bei zwei- bis dreijährigen mehrsprachigen Kindern einzusetzen und dieses dann in Bezug auf Effektivität und Alltagstauglichkeit (z. B. Akzeptanz, Ökonomie) zu überprüfen.
Konzept

Methode
Die Überprüfung der Effektivität erfolgt anhand einer Interventionsevaluationsstudie mit zwei Interventionsgruppen sehr unterschiedlicher Intensität und mehreren Messzeitpunkten zur Abschätzung kurz- und langfristiger Effekte. Neben einer begleitenden Prozessevaluierung über eine Befragung der Erzieherinnen zur Umsetzung und Akzeptanz des Trainings, werden kindliche Variablen auf mehreren Ebenen erfasst. Das Interaktionstraining ist eine Anpassung des „Heidelberger Interaktionstraining für pädagogisches Fachpersonal zur Förderung ein- und mehrsprachiger Kinder“ (HIT).
An der Studie nehmen 44 ErzieherInnen und 135 von ihnen besonders betreute mehrsprachige Kinder mit verschiedenen sprachlichen Hintergründen teil. Die Kinder waren zu Beginn der Studie ca. 3 Jahre alt.
Veröffentlichungen
Die “Praktische Implikationen” aus dem Projekt MAUS mit praxisrelevanten Ergebnissen und Schlussfolgerungen finden Sie hier (PDF).
Sachse, S., N. Budde, et al. (2010). “Mehrsprachige Kinder in vorschulischen Sprachfördermaßnahmen – soziodemografischer Hintergrund und Sprachleistungen.” L.O.G.O.S. Interdisziplinär 18(5): 337–345.

DACHS – Deutsch-Sprachförderung vor der Schule
Effektivität eines Sprachförderprogramms für mehrsprachige Kinder in Vorlaufkursen in Hessen
Das Projekt “Schwerpunkt Sprache – Das Netzwerk für Gehirnforschung und Schule in Hessen” war ein Gemeinschaftsprojekt des Hessischen Kultusministeriums, der Frankfurter Albert-und-Barbara-von-Metzler-Stiftung und dem ZNL. Innerhalb des Projekts wurden Möglichkeiten der sprachlichen Förderung beim Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule erforscht.
2006 bis 2010
Kooperationspartner
Hessisches Kultusministerium
Metzler-Stiftung
Im Rahmen von drei Längsschnittstudien wurden verschiedene Interventionen zur Förderung sprachlicher und schriftsprachlicher Fähigkeiten evaluiert. Die beiden anderen Studien waren „PFAU – Phonologische Fähigkeiten im Anfangsunterricht“ und „SPATS – Sprachförderung: Auswirkungen eines Trainings“.
Projektziele und Projektbeschreibung
Innerhalb des Projekts wurden verschiedene Möglichkeiten der sprachlichen Förderung beim Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule erforscht.
Eine erfolgreiche Schullaufbahn ist in entscheidendem Maße von guten Deutschkenntnissen abhängig. Aufgrund des hohen und steigenden Anteils mehrsprachiger Kinder mit nicht ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache zu Beginn der Schulzeit wurden in Hessen im Rahmen eines Gesamt-Sprachförderkonzeptes u.a. Vorlaufkurse eingerichtet. Diese liegen in schulischer Verantwortung und werden im Jahr vor der Einschulung durchgeführt, um mehrsprachige, aber auch ggf. einsprachige Kinder mit sprachlichem Entwicklungsbedarf in diesem Jahr zu unterstützen und sie auf die Schule vorzubereiten. In der Studie wurde untersucht, wodurch die Kinder in den Vorlaufkursen in sprachlicher Hinsicht gekennzeichnet sind und welchen Effekt unterschiedliche didaktisch-methodische Ansätze in Vorlaufkursen haben (herkömmliches Vorgehen im Gegensatz zum Einsatz des Sprachförderprogramms „Deutsch für den Schulstart“, Kaltenbacher & Klages, Heidelberg).
Methode
Von 197 Vorlaufkurskindern an 13 Grundschulen wurden 156 Kinder für die Teilnahme an dieser Studie gewonnen. Aufgrund bestimmter Einschlusskriterien (wie Mehrsprachigkeit, unauffällige nonverbale Leistungen) wurden die Daten von insgsamt 125 mehrsprachigen Vorlaufkurskindern für die weitere Auswertung genutzt. Die Kinder wurden je nach Art des Vorlaufkurses in zwei Gruppen eingeteilt und besuchten über einen Zeitraum von neun Monaten den Vorlaufkurs. An sieben Schulen (mit 79 Kindern) wurde das Programm „Deutsch für den Schulstart“ in den Vorlaufkursen eingesetzt und mit den restlichen fünf Schulen (46 Kinder) verglichen, die den Vorlaufkurs wie bisher gehandhabt durchführten. Um die Entwicklung der Kinder sowie die Auswirkungen der unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Vorlaufkursen beurteilen zu können, wurden die sprachlichen Leistungen der Kinder zu insgesamt drei Zeitpunkten anhand standardisierter Messmethoden für einsprachig deutsche Kinder erfasst.
Ergebnisse und Implikationen
Der Vergleich unterschiedlicher Förderkonzepte zur Gestaltung des Vorlaufkurses ergab, dass bei den untersuchten Herangehensweisen der gleiche Lernfortschritt beobachtet wurde. Es konnte keine Überlegenheit des eingesetzten Sprachförderprogramms nachgewiesen werden. Insbesondere für mehrsprachige Kinder erscheint im Hinblick auf eine erfolgreiche Schullaufbahn eine früh im Kindergarten beginnende, im Vorlaufkurs intensivierte und in der Schule fortgesetzte kontinuierliche Sprachförderung notwendig.
Qualifizierungsreihe WIBS – Wegweiser im Bereich Sprache
Um die Ergebnisse von „Schwerpunkt Sprache“ einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde zum Abschluss des Projekts ein Multiplikationskonzept entwickelt und durchgeführt. „Wegweiser im Bereich Sprache“ sind pädagogische Fachkräfte, die fortgebildet und befähigt wurden, an ihrem Standort Orientierung im Bereich Sprache zu geben. Lehrkräfte und Erzieherinnen der in „Schwerpunkt Sprache“ beteiligten Einrichtungen besuchten als standortweise zusammengeführte Teams aus Kindertagesstätte und Grundschule eine 7-tägige vom ZNL durchgeführte Fortbildungsreihe. Darin erwarben sie, ausgehend von den Studienergebnissen, Wissen über verschiedene sprachliche Themen wie Spracherwerb, Sprachförderung, Schriftspracherwerb und Mehrsprachigkeit und setzten dieses im Alltag praktisch um. Die Qualifizierung bildete den Auftakt für eine besonders intensive Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Grundschulen im Themenfeld „Sprache“ und mündete in erfolgreiche und engagierte Kooperationsprojekte. Die teilnehmenden Einrichtungen sind bereit, ihre Türen für benachbarte Kindertagesstätten und Schulen zu öffnen, damit diese einen Eindruck über die besondere Arbeit im Bereich Sprache erhalten können.
Veröffentlichungen
Sachse, S., Budde, N., Rinker, T. & Groth, K. (1012). Evaluation einer Sprachfördermaßnahme für Vorschulkinder. Frühe Bildung, 1 (4), 194 – 201.
Sachse, S., Budde, N., Rinker, T. & Groth, K. (2010). Mehrsprachige Kinder in vorschulischen Sprachfördermaßnahmen – soziodemografischer Hintergrund und Sprachleistungen. LOGOS Interdisziplinär, 18 (5), 337-345.
Qualifizierungsarbeiten
Wank, S. (2008). Sprachkompetenz von mehrsprachigen Vorschulkindern am Beginn einer Deutsch- Fördermaßnahme. Erstsprachen Russisch und Türkisch. Magisterarbeit im Studiengang Germanistik, Universität Stuttgart (in Zusammenarbeit mit dem ZNL).

“DEMO” – Denken in naturwissenschaftlichen Modellen
Für den Erkenntnisgewinn in den Naturwissenschaften sind Modelle von zentraler Bedeutung. Bereits im Anfangsunterricht spielen sie eine wichtige Rolle, wenn Kinder Alltagsphänomene mit naturwissenschaftlichen Arbeitsmethoden erforschen.
Juni 2006 bis Juni 2007
Kooperationspartner
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Oskar-Maria-Graf-Gymnasium Neufahrn
Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching
Wie tragfähig und anschaulich sind aber die von Lehrern und Schulbüchern verwendeten Modelle? Untersucht wurden die Fragen:
Methode
Drei Themen (Schmelzen, Lösen, Verbrennen) werden mit Hilfe von 3 Modelltypen (Kugelmodell, Comic, Legomodell) aufgearbeitet. Der Lernzuwachs der Kinder wird mit Lernstandserhebungen ermittelt. Am Ende der Untersuchung wird anhand eines neuen Sachverhalts (Theaterblut – eine chemische Reaktion) untersucht, ob und in welchem Umfang die Kinder Modelle als Erklärungshilfen einsetzen. Das Unterrichtsmaterial wurde multimediabasiert entwickelt.
Stichprobe: 116 Kinder (vier 5. Gymnasialklassen)
Abb. analoges und wissenschaftliches Modell
Ergebnisse und Implikationen
Die Frage, welche Art von Modell die Veranschaulichung vertieft, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Mit keinem der drei Typen lässt sich ein besseres Verständnis erzielen als mit einem anderen.
Des Weiteren kann man festhalten, dass die Schüler Modelle nur dann als Erklärungshilfen anwenden, wenn sie explizit danach gefragt werden.
Am besten gefallen hat den Kindern das Comicmodell, gezeichnet wird von ihnen allerdings hauptsächlich das Kugelmodell.
Außerdem steckten wir uns für jede Lerneinheit drei Ziele, die zum größten Teil nicht erreicht wurden, obwohl das Projekt bei den Probanden sehr gut ankam. Hinzu kommt, dass die Trickfilme das Entstehen von Fehlvorstellungen nicht verhindern konnten. Aus diesen Gründen war es nötig die Modellfilme zu optimieren. Besonders auffällig erwiesen sich die Defizite in der letzten Lerneinheit, weshalb wir vorschlagen, sie zukünftig in der achten Jahrgangsstufe anzusiedeln. Geändert wurden immer nur diejenigen Filme, welche für das Alter der Schüler angemessen erschienen. Für die fünfte Klasse wurde das Comicmodell und für die achte Klasse das Kugelmodell gewählt. Daraufhin wurden Unterrichtsentwürfe, in denen die Animationsfilme Verwendung finden, konzipiert. In der Planung wurde besonders auf Eigentätigkeit der Schüler Wert gelegt und versucht, Fehlvorstellungen vorzubeugen.
Publikationen
Hock, K., Schels, J., Meyer, J., Zimmerer, E., Vogt. K. et al. (2007). DEMO – Denken in Modellen. 9. Europäischer Chemielehrerkongress, VCÖ, Leoben
SPATS – Sprachförderung: Auswirkungen eines Trainings
Wirksamkeit eines sprachbasierten Interaktionstrainings für ErzieherInnen mit dem Ziel der alltagsintegrierten Sprachförderung
Das Projekt “Schwerpunkt Sprache – Das Netzwerk für Gehirnforschung und Schule in Hessen” war ein Gemeinschaftsprojekt des Hessischen Kultusministeriums, der Frankfurter Albert-und-Barbara-von-Metzler-Stiftung und dem ZNL. Innerhalb des Projekts wurden Möglichkeiten der sprachlichen Förderung beim Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule erforscht.
2006 bis 2010
Kooperationspartner
Hessisches Kultusministerium
Metzler-Stiftung
Frühinterventionszentrum Heidelberg
Pädagogische Hochschule Heidelnberg
Die inhaltlichen Schwerpunkte der Studien wurden auf der Basis einer Ist-Stands-Analyse festgelegt. Ziel des gesamten Projektes war es, die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen im Rahmen der Sprachförderung bzw. der Förderung der Vorläuferfähigkeiten des Lesens und Schreibens zu unterstützen und weiter zu verbessern. Die erforschten Aspekte der Sprachförderung beinhalteten
Im Rahmen von drei Längsschnittstudien wurden verschiedene Interventionen zur Förderung sprachlicher und schriftsprachlicher Fähigkeiten evaluiert. Unten wird die Studie „SPATS – Sprachförderung: Auswirkungen eines Trainings“ beschrieben. Die beiden anderen Studien waren „DACHS – Deutsch-Sprachförderung vor der Schule“ und „PFAU – Phonologische Fähigkeiten im Anfangsunterricht“.
Projektziele und Projektbeschreibung
Innerhalb des Projekts wurden verschiedene Möglichkeiten der sprachlichen Förderung beim Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule erforscht.
Sprachförderung ist ein elementarer Bestandteil eines jeden Kindergartenalltags. Man kann Sprache z. B. mit speziellen Förderprogrammen fördern oder versuchen, die vielfältigen Gelegenheiten des Alltags für eine optimale Sprachförderung zu nutzen. In der Studie wurde untersucht, welche Auswirkungen es hat, wenn Erzieherinnen trainieren, besonders sprachförderliche Strategien im Umgang mit Kindern in Alltagssituationen anzuwenden.
Methode
Aus 16 Kindertagesstätten wurden 146 sprachlich schwächere Kinder und 49 Erzieherinnen für die Teilnahme an der Studie gewonnen. Per Zufall erfolgte eine Zuteilung zu Interventions- und Kontrollgruppe. Die Studie war als Doppelblindstudie angelegt. Die Hälfte der Erzieherinnen erhielt eine Fortbildung über die Zusammenhänge zwischen Sprache und Denken, die andere Hälfte absolvierte ein intensives sprachliches Interaktionstraining („Heidelberger Training zur frühen Sprachförderung in Kindertagesstätten“). Alle haben anschließend in der Zeit von Februar bis Mai 2008 (Förderphase) die 146 Studienkinder entsprechend der Inhalte ihrer jeweiligen Fortbildung täglich spielerisch und kindgerecht gefördert. Um zu überprüfen, ob sich der sprachliche Umgang der Erzieherinnen mit den Kindern als Folge der Fortbildungen änderte, wurden an drei Zeitpunkten kurze Videoaufnahmen gemacht sowie die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder erfasst.
Ergebnisse und Implikationen
Im Rahmen dieser Studie wurde die Wirksamkeit eines sprachlichen Interaktionstrainings nachgewiesen, das zu einer dauerhaften Verbesserung der Kompetenzen von Erzieherinnen führt, ideal für die Anwendung im pädagogischen Alltag geeignet ist und nachweislich einen Nutzen für die Förderung junger Kinder darstellt, die sprachliche Förderung benötigen.
Qualifizierungsreihe WIBS – Wegweiser im Bereich Sprache
Um die Ergebnisse von „Schwerpunkt Sprache“ einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurde zum Abschluss des Projekts ein Multiplikationskonzept entwickelt und durchgeführt. „Wegweiser im Bereich Sprache“ sind pädagogische Fachkräfte, die fortgebildet und befähigt wurden, an ihrem Standort Orientierung im Bereich Sprache zu geben. Lehrkräfte und Erzieherinnen der in „Schwerpunkt Sprache“ beteiligten Einrichtungen besuchten als standortweise zusammengeführte Teams aus Kindertagesstätte und Grundschule eine 7-tägige vom ZNL durchgeführte Fortbildungsreihe. Darin erwarben sie, ausgehend von den Studienergebnissen, Wissen über verschiedene sprachliche Themen wie Spracherwerb, Sprachförderung, Schriftspracherwerb und Mehrsprachigkeit und setzten dieses im Alltag praktisch um. Die Qualifizierung bildete den Auftakt für eine besonders intensive Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Grundschulen im Themenfeld „Sprache“ und mündete in erfolgreiche und engagierte Kooperationsprojekte. Die teilnehmenden Einrichtungen sind bereit, ihre Türen für benachbarte Kindertagesstätten und Schulen zu öffnen, damit diese einen Eindruck über die besondere Arbeit im Bereich Sprache erhalten können.
Veröffentlichungen
Buschmann, A., Simon, S., Jooss, B. & Sachse, S. (2010). Ein sprachbasiertes Interaktionstraining für ErzieherInnen („Heidelberger Trainingsprogramm“) zur alltagsintegrierten Sprachförderung in Krippe und Kindergarten – Konzept und Evaluation: In: Fröhlich-Gildhoff, K., Nentwig-Gesemann, I. & P. Strehmel. (Hrsg.) Forschung in der Frühpädagogik, Band 3. Freiburg: Verlag FEL.
Buschmann, A., Jooss, B., Simon, S. & Sachse, S. (2010). Alltagsintegrierte Sprachförderung in Krippe und Kindergarten: Das „Heidelberger Trainingsprogramm“ – Ein sprachbasiertes Interaktionstraining für den Frühbereich. LOGOS Interdisziplinär, 18 (2), 84-95. PDF, ca. 7 MB.
Qualifizierungsarbeiten
Simon, S. (2014). Anregung der Sprachentwicklung von Kindergartenkindern durch ein Interaktionstraining für pädagogisches Fachpersonal. Humanbiologische Doktorarbeit, Universität Ulm. URL: http://vts.uni-ulm.de/doc.asp?id=9489

Mathematische und naturwissenschaftlich-technische Bildung im Kindergarten
Im Auftrag der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und der Stiftung Mercator erstellte das ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen Die Fachschule für Sozialpädagogik an der Richard-von-Weizsäcker-Schule in Öhringen hat ein Weiterbildungskonzept mit dem Schwerpunkt Mathematik, Naturwissenschaft und Technik entwickelt. Dazu wurde die Berufsfachschule für Zusatzqualifikationen für Erzieherinnen an Kindergärten eingerichtet (BfQ). Das ZNL hat das Weiterbildungskonzept in seiner Wirkung auf die beteiligten Kindergärten evaluiert.
2005 bis Juni 2008
Kooperationspartner
Innovationsregion Kocher & Jagst e.V.; Berufsfachschule für Zusatzqualifikationen (BfQ) an der Fachschule für Sozialpädagogik in Öhringen; 14 Modellkindergärten; 4 Kontrollkindergärten in der Region Hohenlohe
Die Evaluation erfolgte als Prä- und Postmessung an Modellkindergärten (mit Erzieherinnen in der Berufsfachschule für Zusatzqualifikationen für Erzieherinnen an Kindergärten eingerichtet (BfQ)) und Kontrollkindergärten. Mit Hilfe von Fragebögen für Erzieherinnen und Eltern, sowie mit einem standardisierten Test zu mathematischen Vorläuferfähigkeiten einzelner Kinder wurden insgesamt Daten von 42 Erzieherinnen, 495 Eltern und 84 Kindern erhoben.
Ergebnisse und Implikationen
Die Ergebnisse zeigen für die Kinder aus den Modelleinrichtungen einen signifikant stärkeren Zuwachs in ihrer Leistungsentwicklung. Darüber hinaus interessierten sich die Kinder vermehrt für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Themen und zeigten ein entsprechendes neugierig-forschendes Verhalten. Dies sind Hinweise darauf, dass die Kinder von einer stärkeren Betonung der mathematischen und naturwissenschaftlich-technischen Themenfelder in Bezug auf ihre Entwicklung profitieren können.
Publikationen
Evanschitzky, P., Lohr, C. & Hille, K. (2008): Mathematische und naturwissenschaftlich-technische Bildung im Kindergarten – Untersuchung der Wirksamkeit einer beruflichen Weiterbildung von Erzieherinnen. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung Jahrgang 3 Heft 4/2008, S. 469-481.
Die tägliche Bewegungszeit in der Schule: Untersuchung der Wirkung von Bewegung auf Lernen
Über die gesundheitsprotektive Wirkung des Sports hinaus finden sich in den letzten Jahren vermehrt Hinweise auf eine positive Wirkung des Sports auf kognitive Prozesse. Es ist bis heute unklar, welche Prozesse der positiven Wirkung körperlicher Aktivität auf Geist und Seele zugrunde liegen.
2005 bis 2006
1.) Die tägliche Sportstunde. In diesen Zeiten bewegten sich die Schüler unter Anleitung aktiv in Form einer täglichen, zusätzlichen Sportstunde. Es wurden ausdauerintensive Aktivitäten wie Ballspiele, Badminton oder Jogging durchgeführt.
2.) Die täglich „bewegte Schule“. Es wurden regelmäßig strukturierte und standardisierte Bewegungssequenzen von 2-3 Minuten vom Fachlehrer in den Unterricht eingebaut. Die Bewegungssequenzen wurden im Vorfeld sorgfältig ausgewählt und im Verlauf des Untersuchungszeitraumes dokumentiert.
Methode
Um die Wirkung der Bewegungszeit auf Konzentration, Gedächtnis und Wohlbefinden prüfen zu können, wurde jeweils eine Parallelklasse ausgewählt, die vom selben Fachlehrer im gleichen Fach unterrichtet wurde, allerdings ohne eine tägliche Bewegungszeit. Begleitend wurden die Schüler sowohl aus Versuchs- als auch Kontrollgruppe gebeten standardisierte Testinstrumente auszufüllen. Erfasst wurden die Konzentrationsleistung (d2 Aufmerksamkeits- und Belastungstest und Frankfurter Aufmerksamkeitsinventar), das Wohlbefinden (Positive And Negative Affect Scale), das Arbeitsgedächtnis (Zahlenspanne) sowie das Körperbild (Fragebogen zum Körperbild).
Beide Bewegungsbedingungen wurden an jeweils zwei Schulen durchgeführt. Um einen ersten Vergleich hinsichtlich verschiedener Schulformen ziehen zu können, wurden verschiedene Schultypen (Berufsschule, Gymnasium) ausgewählt. Alle Probanden wurden im Vorfeld vollständig informiert und erklärten ihr Einverständnis.
Ergebnisse und Implikationen
Es zeigte sich eine positive Wirkung der täglichen Bewegungszeit auf das Wohlbefinden der Schüler. Werte der positiven Befindlichkeit nahmen zu, während die negative Stimmung deutlich vermindert werden konnte. Im Besonderen profitierten in der untersuchten Stichprobe die Mädchen, sie zeigten einen deutlicheren Einfluss der körperlichen Aktivität auf Stimmung und Wohlbefinden als die männlichen Teilnehmer. Es ist an dieser Stelle allerdings nicht auszuschließen, dass dieser Effekt eine Besonderheit der untersuchten Stichprobe ist, da die Geschlechterverteilung nicht in allen Klassen gleich war. In der Hauswirtschaftlichen Berufsschule Aalen waren in der untersuchten Klasse ausschließlich Frauen, während in der Gewerblichen Berufsschule Schorndorf fast ausschließlich Männer teilnahmen, so dass ein Vergleich zwischen den Geschlechtern nur zwischen Schulen möglich war.
Hinsichtlich der Konzentrationsleistung zeigte sich ein weniger einheitliches Bild: die Konzentrationsleistung insgesamt zeigte sich in keiner Gruppe besonders beeinflusst. Alle Gruppen, Bewegungsgruppen wie auch Kontrollgruppen, zeigten einen signifikanten Anstieg der Konzentrationsleistung über den Untersuchungszeitraum. Diese unspezifischen Verbesserungen sind auf Testübungseffekte zurückzuführen. Allerdings zeigte sich im Bereich der Fehler ein statistisch bedeutsamer Effekt: die Gruppen, die mehr Bewegung in ihrem Schulalltag integrierten, machten insgesamt weniger Fehler. Dieser Effekt war allerdings nicht bei allen untersuchten Gruppen zu beobachten: bei den Gymnasiasten aus Asperg trat dieser Effekt nicht zu Tage.
Insgesamt ist der Versuch der vermehrten Bewegung im Schulalltag als sehr positiv zu bewerten. Das subjektive Empfinden der Schüler zeigte sich als sehr positiv, sie berichteten sich konzentrierter und motivierter zu fühlen. Weitere systematische Untersuchungen, Bedingungen der positiven Wirkung von Bewegung im Schulalltag zu identifizieren und Möglichkeiten diese Bewegung verstärkt in den Schulalltag zu integrieren, sind wünschenswert.
Qualifizierungsarbeiten
Ritteser, M. (2006). Bewegung und Lernen: Auswirkungen von Bewegung in der Schule auf Konzentration, Merkfähigkeit und Befindlichkeit. Medizinische Dissertation, Universität Ulm.