
Projektbereiche
Jugend, Schule, Ausbildung
Der als Jugendalter beschriebene Lebensabschnitt zwischen Kindheit und Erwachsenensein bringt durch seine massiven Veränderungen in verschiedenen Bereichen (z.B. hormonelle und geistige Reife, soziale Integration) eine Vielzahl neuer Kompetenzanforderungen und große Herausforderungen mit sich. Vor allem Gleichaltrige bzw. die sog. Peergroup spielen in dieser Lebensphase eine besonders bedeutsame und einflussnehmende Rolle.
Jugendliche beginnen sich risikoreicher zu verhalten, wirken oft unausgeglichen und haben ihre Gefühle weniger gut unter Kontrolle. Dieses Verhalten wird durch die vielen stattfindenden Veränderungen im Gehirn beeinflusst, da im Jugendalter eine grundlegende Reorganisation des Gehirns stattfindet.
Unsere Projekte zielen darauf ab, Jugendliche in dieser Lebensphase zu unterstützen. Dazu ist es wichtig, die Lebensumstände, den Entwicklungsverlauf und die Entwicklungsaufgaben der Jugendlichen zu kennen und zu verstehen. So werden beispielsweise gezielt die exekutiven Funktionen und die Risikokompetenz gefördert, um die Jugendlichen im Heranwachsen zu unterstützen.
Projekte

BeLL – Bewegte Kinder lernen leichter
Förderung der Selbstregulation durch Bewegung und Sport als Schlüssel für Lernerfolg und ein gutes soziales Miteinander
Gemeinsam mit dem Landessportbund Rheinland-Pfalz (LSB) entwickelt das ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen ein Fortbildungskonzept für Übungsleiter*innen an Ganztagsschulen – insbesondere im Grundschulbereich.
Projektarchiv

Wissenschaftliche Konzeption Talente Check Berlin
Der Talente Check Berlin ist ein Kooperationsprojekt zwischen IHK Berlin, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBildJugFam) sowie der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (RD BB). Das Modellvorhaben richtet sich an Schüler und Schülerinnen der 8. Klasse und will einen Beitrag zur Verbesserung des Übergangs zwischen Schule und Ausbildung oder Studium leisten.
Mai 2019 bis Mai 2020
Auftraggeber
studio klv GmbH
Kooperationspartner
IHK Berlin, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit
Der Talente Check soll mehrere erlebnisorientierte Teststationen enthalten, bei denen auf spielerische Art und Weise Fähigkeiten festgestellt werden. Das ZNL wurde von studio klv mit der wissenschaftlichen Beratung zur Konzeption dieser Teststationen beauftragt. Studio klv konzipiert und plant den Talente Check Berlin im Auftrag Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Berlin.
Methode
Ausgehend von etablierten Testinstrumenten und weiteren Literaturrecherchen sowie Erfahrungswerten aus der Ausstellungsentwicklungen werden spielerische Tests entwickelt und in einem Konzept vereint. Die Zwischenergebnisse werden mehrfach vor den auftraggebenden Kooperationspartnern präsentiert und diskutiert.
Ergebnisse und Implikationen
Im Ergebnis entsteht ein Gesamtkonzept für den Talente Check. Kommt dieses zur Umsetzung soll es zum Schuljahr 2020/2021 allen 8. Klassen in Berlin und Brandenburg zur Verfügung stehen.

Lernort experimenta Heilbronn
Seit ihrer Eröffnung im Herbst 2009 macht die experimenta Heilbronn Naturwissenschaften und Technik begreif- und erlebbar. Das Science Center richtet sich an Kinder, Schüler, Familien, Lehrkräfte und Erwachsene und bietet darüber hinaus seinen Besuchern die Möglichkeit, durch eine Talentsuche mehr über die eigenen Begabungen herauszufinden.
September 2012 bis August 2019
Kooperationspartner
experimenta gGmbH
Im Zuge ihrer räumlichen und inhaltlichen Erweiterung knüpft die experimenta nun wieder an die Zusammenarbeit mit dem ZNL an. Gemeinsam wollen wir die Talentsuche überarbeiten und den Lernort experimenta weiterentwickeln.
Aufbauend auf unserer bisherigen Zusammenarbeit leiten uns dabei u.a. folgende Fragen: Wie können wir wissenschaftliche Erkenntnisse zum Lernen in Science Centern konkret in die Konzeption und Gestaltung der (zukünftigen) experimenta umsetzen? Wie können insbesondere jugendliche Besucher durch die Talentsuche und die Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken in ihrer Berufsorientierung unterstützt werden? Wie können Besucher aller Altersstufen im Lernort experimenta ihr eigenes Lernen gestalten und durch partizipative Elemente den Lernort selbst mitgestalten?
Methode
– Literaturrecherche
– Expertenworkshops und ThinkTanks
– empirische Überprüfung der Talentexponate
Ergebnisse und Implikationen
– konzeptionelle Weiterentwicklung der Talentsuche
– Konzept zur Beschreibung von Faktoren gelingenden Lernens in Science Centern
– Umsetzung der Talentsuche mit 24 Exponaten und einer differenzierten Besucherrückmeldung
– Konzepte zur Berufsorientierung für Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte
– Weiterentwicklung des Lernorts experimenta zum Science Broker
Dokumentation und weiterführende Links
https://www.experimenta-heilbronn.de
Publikationen
Bauer, A., Sichau, C., & Hille, K. (2018). Berufsorientierung im Science Center. Potenziale des RIASEC-Modells zur handlungsorientierten Erkundung berufsbezogener Fähigkeiten. BWP Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 47(2), 47-50. URL: https://www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/bwp/show/8679.
Tagungsbeiträge
Bauer, A., Haase, T., & Hille, K. (2018, September). Verbal, cognitive and motor skills and their relations across the lifespan as revealed by big data gained in a field setting. Poster presented at the 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGP), Frankfurt am Main.
Hille, K., & Bauer, A. (2018). Motivating Citizen Science Projects Paper presented at the ECSA – The European conference for citizen and participatory science, Genf.
Hampe, M., Müller, J., Bauer, D., Bauer, A., Sichau, C., & Hille, K. (2017). Mission Impossible? Making a visit really meaningful for the visitor. Poster presented at the the Connected Audience, Vienna.
Gaiser, J., & Bauer, A. (2014). Langfristige Wirkung des Besuchs einer Sonderausstellung auf Schüler. Eine Aufsatzstudie im Science Center “experimenta” Heilbronn. Poster presented at the Sehen, Denken, Lernen in Museen. Empirische Bildungsforschung an informellen Lernorten., München.
Bauer, A., Bauer, D., Haase, T., & Hille, K. (2015, Oktober). Adapting exhibits to visitors’ abilities. The Talent Server of the experimenta Heilbronn. Poster presented at the International Conference. Understanding Museums: Methods, Tübingen.
Bauer, A. and J. Hunger (2016). From MakerSpace to space of becoming. Workshop convened at the Colours of Cooperation. Ecsite Conference. Graz.
Qualifizierungsarbeiten
Trefzger, F. (2017). Entwicklung eines Multiple Choice Tests in Anlehnung an den Picture Frustration Test von Rosenzweig. Bewertung des Umgangs Jugendlicher und junger Erwachsener mit frustrierenden Situationen. Bachelorarbeit Fernuni Hagen. (Zweitbetreuung ZNL).
Gaiser, J. M. (2014). Wirksamkeitsuntersuchung des außerschulischen Lernorts Science Center experimenta Heilbronn. Wirkung des Besuchs einer Sonderausstellung auf Schüler. Masterarbeit am Institut für Bildungswissenschaften, Heidelberg (in Zusammenarbeit mit dem ZNL).

Expertise: Resilienzförderung in der Jugendsozialarbeit
Im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes DRK erstellt das ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen eine Expertise zum Thema „Resilienzförderung in der Jugendsozialarbeit“ mit dem Ziel interdisziplinär fundierte Antworten auf Schlüsselfragen zur Resilienzförderung im Lern- und Lebensraum Schule zu liefern.
Mai 2018 – Oktober 2018
Kooperationspartner
DRK Deutsches Rotes Kreuz, Berlin
Die Expertise richtet sich an Schulleitungen, Schulsozialarbeiter*innen, Lehrkräfte, Elternvertreter, Fachkräfte der GTS und weitere Kooperationspartner*innen, ihnen soll Kompetenzen und Impulse vermittelt werden, wie Resilienzförderung an Schulen stattfinden kann. Dadurch sollen sie für die Arbeit mit Jugendlichen (Sek II), aber auch mit Kindern von 6-12 Jahren (Grundschule) und darüber hinaus mit jungen Menschen in der Oberstufe oder an Berufsschulen bestärkt werden. Zudem geht es um den Ausbau der Kooperation von Schule mit Jugendhilfe und mit weiteren kinder- und jugendspezifischen Akteuren.
Das übergeordnete Ziel liegt im Abbau gesellschaftlicher Benachteiligung, indem die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sensibel wahrgenommen und durch die Institution Schule in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und für das Leben gestärkt werden.
Inhalte:
– Resilienz aus biologisch-neurowissenschaftlicher Perspektive
– Resilienz aus einer diversity-orientierten und rassimuskritischen Perspektive
– Resilienz aus einer körper- & bewegungs- bzw. embodiment-orientierten Perspektive.
Publikationen
Deffner, C. (2019). Psychische Gesundheit und Resilienzförderung im Kontext Schule. In D. R. K. e.V. (Ed.), Gesundheit und Bildungsgerechtigkeit – Impulse zur Resilienzförderung am Lern- und Lebensort Schule (pp. 16-203). Berlin: Deutsches Rotes Kreuz e.V.
Die Expertise wird hier kostenfrei zum Download angeboten.

YOLO – (Selbst)sicher Radfahren: Ein Projekt zur Förderung der Sicherheit jugendlicher Radfahrer durch Stärkung der Selbststeuerungskompetenz
Sicheres Radfahren stellt viele Anforderungen an Kinder und Jugendliche. Während der Grundschulzeit wird viel Wert auf das Vermitteln von theoretischem Wissen und das Einüben praktischer Fähigkeiten gelegt, die für sicheres Radfahren wichtig sind. Doch obwohl in der Grundschule einige Zeit in Verkehrserziehung investiert wird, schnellen die Radunfallzahlen laut den Statistiken zum Schülerunfallgeschehen ab einem Alter von 10 Jahren in die Höhe.

Beratung und Evaluation für den natec Landesverband
Der natec Landesverband wurde 2011 gegründet und vereint im Frühjahr 2017 35 unterschiedliche Institutionen, die außerschulische MINT-Bildung für Kinder und Jugendliche anbieten. Nach seiner fünfjährigen Tätigkeit möchte der Landesverband seine Tätigkeit weiterentwickeln und dabei die Anliegen seiner Mitglieder einbinden. Das ZNL unterstützte dies durch eine Befragung der Mitglieder, deren Ergebnisse mit dem Verbandsvorstand sowie mit den Mitgliedern diskutiert wurden.
Juni 2016 bis Juni 2017
Ein wichtiges Format des natec Landesverbandes ist die Mobile Jugend-Technik-Akademie. Dabei werden Jugendliche über ein Schuljahr hinweg zu natec Mentoren qualifiziert. Jährlich zum Programmende führt der natec Landesverband eine interne Evaluation seines Programms “Mobile Jugend Technik Akademie” durch, indem die jugendlichen Teilnehmenden einen Fragebogen ausfüllen. Das ZNL wertete diese Befragungsdaten aus und gab Empfehlungen für die zukünftige Evaluation.
Methode
– Online-Befragung, qualitative und quantitative Datenauswertung
– Zukunftswerkstatt als Workshop mit Vertretern der Mitgliedsinstitutionen
– Qualitative und quantitative Auswertung Mentoren-Befragung

Der Blick der Lernforschung auf die Argumente gegen die Gemeinschaftsschule – Eine Replik
Unter dem Motto „Vielfalt macht schlauer“ führt das Land Baden-Württemberg die neue „Gemeinschaftsschule“ als Schule für alle Schüler der Sekundarstufe ein. Lehrkräfte, Eltern, Schulträger und Politiker diskutieren diese neue Schulart kontrovers. Dabei sind immer wieder Argumente im Spiel, die sich scheinbar auf Ergebnisse wissenschaftlicher Studien beziehen. Das Kultusministerium Baden-Württemberg beauftragte das ZNL, Argumente, die in Diskussionen gegen die Gemeinschaftsschule verwendet werden, auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen. Daraus entstand ein Dokument, das unter dem Titel „Der Blick der Lernforschung auf die Argumente gegen die Gemeinschaftsschule – Eine Replik“ in der interessierten Öffentlichkeit aufmerksam gelesen wird.
November 2012 bis Januar 2013
Publikationen
Expertise des ZNL (PDF)
Publikationen Evers, W. (2013). Erfolgreiche heterogene Lerngruppen – geht denn das? Die Schulleitung – Zeitschrift für pädagogische Führung und Fortbildung in Bayern, 40 (3), 14-15.
Streb, J. (2013). Hat nicht PISA gezeigt, dass gemeinsames Lernen wie in der Gesamtschule nicht funktioniert? Die Schulleitung – Zeitschrift für pädagogische Führung und Fortbildung in Bayern, 40 (3), 16-17.
Schuler, S. & Evanschitzky, P. (2013). Wie leistungsfähig sind heterogene Lerngruppen? Die Schulleitung – Zeitschrift für pädagogische Führung und Fortbildung in Bayern, 40 (3), 18-20.
bildung & wissenschaft, 05 / 2013: “Gemeinschaftsschule: Was die Lernforschung dazu sagt”.

Evaluation Das “Grüne Klassenzimmer”
Der Botanische Garten der Universität Ulm bietet erlebnisorientiertes Lernen für Schulklassen im „Grünen Klassenzimmer“ an. Die Schüler bekommen die Möglichkeit durch Beobachten, Anfassen oder Schnuppern viel über unsere heimische Flora und Fauna zu erfahren. Fokussiert wird dabei das Erleben und Erfahren der Umwelt zur Herausbildung einer persönlichen Identität.
Botanischer Garten der Universität Ulm
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd
Schulamt Hochtaunus und Wetteraukreis
Zwei Schulklassen mit insgesamt 40 Viertklässlern besuchten für je einen halben Tag das Grüne Klassenzimmer. Wenige Tage vor diesem Besuch und mindestens eine Woche danach wurden ihre Einstellungen zu Kleintieren wie z.B. Käfern, Asseln, Tausendfüßlern, Spinnen mithilfe eines Semantischen Differentials abgebildet. Die Schüler haben dabei die Gruppe der Kleintiere insgesamt zwischen je zwei antipolaren Adjektiven (z.B. langweilig vs. spannend; unnütz vs. nützlich; eklig vs. niedlich) auf einer Skala von 1 bis 7 eingeschätzt. Insgesamt wurden 13 Adjektivpaare angeboten, die Ekel und Angst vor Tieren sowie deren Nützlichkeit thematisieren. 38 Schüler der Parallelklassen, die nicht das Grüne Klassenzimmer besuchten, wurden ebenfalls im gleichen Zeitraum gebeten, das Semantische Differential auszufüllen.
Ergebnisse
Bei sieben von dreizehn angebotenen Adjektiven zeigt sich bei der Versuchsgruppe eine signifikante Verschiebung in Richtung einer positiveren Einstellung zu den Kleintieren. Schüler finden die Kleintiere nach dem Besuch des Grünen Klassenzimmers spannender, nützlicher, niedlicher, notwendiger, besser, harmloser und schützenswerter als vorher. Bei der Kontrollgruppe lässt sich im Vergleich bei keinem Paar eine signifikante Verschiebung in die gewünschte Richtung feststellen. Diese Einstellungsänderung ist bemerkenswert unter mindestens zwei Gesichtspunkten: Zum einen befanden sich die Schüler lediglich einen halben Tag im Grünen Klassenzimmer. Zum anderen standen sie beim erneuten Ausfüllen des Semantischen Differentials nicht unter dem unmittelbaren Einfluss des Tages, da die Messung mindestens 7 Tage nach dem Besuch stattfand. Dass die Ergebnisse dennoch erzielt werden konnten, spricht für die Sensitivität des Instruments wie auch für die Wirkung des Grünen Klassenzimmers. Bei der Kontrollgruppe konnte keine signifikante Veränderung hin zu einer positiveren Einstellung gefunden werden.
119 Gymnasiasten aus den Klassenstufen 5 – 9 wurden gebeten, im Rahmen des Biologieunterrichts einen kurzen Aufsatz über „Kleintiere unserer Heimat“ zu schreiben. Von diesen Gymnasiasten waren 76 bereits im Grünen Klassenzimmer. Diese Besuche lagen zwischen einem und fünf Jahren zurück. Bei der Auswahl der Schulklassen wurde darauf geachtet, dass sich in den getesteten Klassen sowohl Schüler befanden, die das Grüne Klassenzimmer bereits besucht hatten, als auch Schüler, die noch nie dort gewesen sind. Damit wurde erreicht, dass die Versuchs- und Kontrollprobanden aus vergleichbaren Einzugsgebieten stammten und mit demselben Lehrer und in der derselben Schule lernten. Die von den Schülern angefertigten Aufsätze wurden hinsichtlich verschiedener Kategorien ausgewertet. Die Kategorien wurden entwickelt, um die qualitativen Daten der Aufsätze in eine quantitative Form zu transferieren. Für das Festlegen der Kategorien war ein erstes Durchsehen der Aufsätze durch eine nicht am Grünen Klassenzimmer beteiligte Person entscheidend.
Die Beschreibungen und Äußerungen der Schüler wurden analysiert im Hinblick auf
– die Anzahl der genannten Tierarten; z.B. Regenwürmer, Zecken, Schwalbenschwanz;
– die Anzahl der enthaltenen wissenschaftlich korrekten Aussagen/ „Conceptions“; z.B. „Spinnen haben acht Beine“, „Kleintiere sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette“, „Wolfsspinnen tragen ihren Kokon am Hinterkörper“;
– die Anzahl der enthaltenen wissenschaftlich fehlerhaften Aussagen/ „Misconceptions“; z.B. „Giftige Spinnen haben ein Kreuz auf dem Rücken“, „die Punkte auf dem Rücken des Marienkäfers zeigen sein Alter an“, „es gibt wirbellose Insekten wie Schnecken“;
– die Anzahl der enthaltenen positiven Emotionen gegenüber Tieren; z.B. „Spinnen sind friedliebende Tiere“, „Kleintiere sind interessant, „sehr süß“, „schön“;
– die Anzahl der enthaltenen negativen Emotionen gegenüber Tieren; „die Feuerwehr musste das Nest ausbrennen“, „können sterben, wenn sie eine Wespe sticht“, „Kleintiere sind lästig, nervig, eklig“.
Diese Analyse mit den Zählungen wurde vorgenommen, ohne dass der Auswertende wusste, ob der Aufsatz von einem Schüler geschrieben worden war, der das Grüne Klassenzimmer besucht hatte oder nicht.
Ergebnisse
Es zeigte sich, dass die Versuchsgruppe mehr wissenschaftlich korrekte Aussagen und auch weniger falsche Aussagen bezüglich der Kleintiere trifft als die Kontrollgruppe. Das „Wissen“ als Differenz aus richtigen (Conceptions) und falschen Aussagen (Misconceptions) zu den Kleintieren ist bei der Versuchsgruppe größer. Auch die Emotionalität gegenüber den Tieren (Differenz aus Anzahl der positiven und negativen Emotionen) unterscheidet sich zwischen den Gruppen: Die Gruppe der Schüler, die das Grüne Klassenzimmer besuchten, erwähnten insgesamt eher positive, die Vergleichsgruppe eher negative Emotionen im Zusammenhang mit Kleintieren.
Die Analyse der Aufsätze legt nahe, dass das Grüne Klassenzimmer einen nachhaltigen Einfluss auf die Schüler hat. Kinder, die das Grüne Klassenzimmer besuchten, wissen mehr Richtiges und äußern weniger Falsches über Kleintiere. Darüber hinaus verbinden sie die Kleintiere mit positiveren Emotionen. Diese Ergebnisse sind nicht zuletzt deshalb eindrucksvoll, weil der Besuch des Grünen Klassenzimmers mindestens ein Jahr vor der Befragung stattfand und nicht länger als einen Tag dauerte. Wir gehen nicht davon aus, dass das vermehrte Wissen der Besucher des Grünen Klassenzimmers direkt von den Stunden dort herrührt, obwohl in einigen Aufsätzen ein direkter, unmittelbarer Bezug hergestellt werden kann. Vielmehr vermuten wir einen indirekten, mittelbaren Einfluss des Besuchs, der bei den Kindern im Sinne einer Initialzündung vielleicht Interesse an den Kleintieren weckt und eine positive Einstellung den Tieren gegenüber hinterlässt. Diese Einstellung und das Interesse würden eine vorteilhafte Grundlage für die Weiterbeschäftigung mit Kleintieren im Schulunterricht oder in der Freizeit darstellen, sodass sich letztendlich diese Gruppen nach Jahren unterscheiden können.
Vor dem Hintergrund, dass Kinder immer weniger die Bewohner ihrer Umgebung richtig kennen, Wirbellose und Insekten ohnehin eine untergeordnete Rolle spielen und diese sogar eher mit Ekel und Abscheu belegt sind, lässt sich eine wünschenswerte und erfreuliche Wirkung des Grünen Klassenzimmers aus den dargestellten Ergebnissen ableiten. Dies gilt besonders hinsichtlich der Tatsache, dass Ekel durchaus eine Barriere für effektive Umweltbildungsmaßnahmen sein kann (s.o.). Das Konzept fördert somit eine ökologische Grundbildung, welche ein Interesse gerade für die Kleintiere und deren Funktion im Naturkreislauf weckt, diese spannend darstellt und die Abneigung zu diesen abbaut oder in das Gegenteil umkehrt. Wohlmöglich reicht schon das kurzzeitig geweckte Interesse im Grünen Klassenzimmer im Sinne einer Initialzündung aus, sich mehr und positiver mit den Kleintieren zu beschäftigen. Dieser Schluss wird durch Schüleraufsätze nahegelegt, in denen die Besucher des Grünen Klassenzimmers mehr Wissen und positivere Emotionen gegenüber den Kleintieren äußern.
Die Stichprobe bestand aus 192 Schülern der 4. und 5. Klasse (zwischen 10 und 12 Jahren; 93 Jungen, 99 Mädchen). Die Versuchsgruppe bestand aus 92 Schülern, die das Grüne Klassenzimmer einen Vormittag lang besuchten. 100 Schüler der Parallelklassen (gleiche Schule, gleiche Jahrgänge) bildeten die Kontrollgruppe. Die Schüler kamen aus 5 Schulen im Südwesten Deutschlands. In jeder Schule gab es eine Klasse, die als Versuchsgruppe und eine Klasse, die als Kontrollgruppe fungierte.
Ihr Umweltverhalten wurde durch einen Fragebogen von 31 Items mit einer 5-stufigen Likert Skala erhoben, der ihre ökologischen Einstellungen mit Blick auf zwei Faktoren untersuchte: Umweltnutzung und Umweltschutz (Bogner und Wiseman, 1999; Bogner, 2002).
Fragen zur Umweltnutzung kamen aus folgenden Bereichen:
– „Das ökologische Gleichgewicht“ (5 items; z.B. „Das ökologische Gleichgewicht ist sehr empfindlich und leicht zu stören“),
– „Der Mensch steht über der Natur“ (4 Items; z.B. „Pflanzen und Tiere existieren hauptsächlich, um vom Menschen benutzt zu werden“),
– “Veränderung der Natur“ (4 Items; z.B. „Gras und Unkraut, das zwischen Kantensteinen wächst, sieht äußerst unordentlich aus“), und
– „Menschliche Dominanz“ (3 Items; z.B. „Da sich Mücken in Teichen entwickeln, sollte man diese trockenlegen und für die Landwirtschaft verwenden“).
Fragen zum Umweltschutz kamen aus folgenden Bereichen:
– „Unterstützungsabsichten“ (4 Items; z.B. „Wenn ich mal zusätzliches Taschengeld erhalte, werde ich einen Teil davon an eine Umweltorganisation spenden“),
– „Genuss der Natur“ (4 Items; z.B. „Ich fühle mich in der ruhigen Natur wohl“),
– „Überlegter Umgang mit Ressourcen“ (4 Items; z.B. „Ich schalte immer das Licht aus, wenn ich es nicht mehr brauche“); und
– „Eingeschränktes Wachstum“ (3 Items; z.B. „Menschen müssen mit der Natur in Harmonie leben, um zu überleben“).
Die Motivation von Schülern etwas über Kleintiere in ihrer Umwelt zu lernen, wurde auf der Basis von Items des Academic Self-Regulation Questionnaire (SRQ-A) erhoben. Er verwendet 4 Subskalen, um vier Arten von Motivation zu messen: externe, introjizierte und identifizierte Regulation, und intrinsische Motivation. Wir haben zwei Items aus jeder Subskala verwendet und gefragt, warum Schüler etwas über Kleintiere (Tausendfüßler, Spinnen und Insekten, etc.) ihrer Umwelt lernen wollten. Dieser Frage folgten 8 Antworten, die die 4 Motivationsarten der Skala widerspiegelten. Die Schüler antworteten nach einer 4-stufigen Likert-Skala („trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft absolut zu“).
Zwischen 5 und 7 Tage bevor die Schüler der Versuchsgruppe das Grüne Klassenzimmer besuchten, füllten beide Gruppen die Fragebögen in der Schule aus, um ihr Umweltverhalten und ihre intrinsische Motivation zu erheben und eine Baseline zu erstellen. Während des Ausflugs suchten die Schüler nach Kleintieren in ihrem natürlichen Habitat, fingen sie ein, lernten etwas über sie, beobachteten sie genau unter einer Lupe, um sie zeichnen zu können, und ließen sie dann wieder frei – die klassische Lernsituation im Grünen Klassenzimmer. Zurück in der Schule füllten die Schüler beider Gruppen die Fragebögen innerhalb von 5 bis 7 Tagen als Folgeerhebung erneut aus.
Ergebnisse
Das Umweltverhalten mit Bezug auf Naturschutz veränderte sich in Versuchs- und Kontrollgruppe. In der post-Test Evaluation waren beide Gruppen weniger geneigt, die Natur zu schützen. Erhebungen bezüglich der Umweltnutzung veränderten sich nur bei der Versuchsgruppe, was in der Folgeerhebung im Vergleich zur Baseline auf ein positiveres Verhalten gegenüber der Umwelt hindeutet. Veränderungen waren v.a. in den Bereichen „Der Mensch steht über der Natur“ und „Veränderung der Natur“ zu beobachten. In der Folgeerhebung machten Schüler der Versuchsgruppe wen iger Äußerungen, dass Menschen die Natur verändern dürfen, um sie ihren Bedürfnissen anzupassen. Bei der Kontrollgruppe war bezüglich der Umweltnutzung keine Veränderung zu beobachten.
Die Versuchsgruppe zeigte im Umgang mit Kleintieren in der Folgebefragung höhere intrinsische Motivation als die Kontrollgruppe. Die Schüler drückten ein stärkeres Interesse aus, über Kleintiere zu lernen, und berichteten über mehr Spaß daran. Die Schüler der Kontrollgruppe zeigten weder eine Veränderung der intrinsischen, noch irgendeiner anderen Art von Motivation, außer einer leichten Tendenz zur abgeschwächten identifizierten Regulation.
Während die Intervention eine positive Verhaltensänderung in Bezug auf die Umweltnutzung bei der Versuchsgruppe zur Folge hatte, wurde das Umweltverhalten bezüglich des Naturschutzes negativ verändert. Dieser Effekt wurde in beiden Gruppen beobachtet, die nachher weniger geneigt waren, die Natur zu schützen. Da hier allerdings beide Gruppen denselben Rückgang zeigten, betrachten wir diesen Effekt nicht als Resultat der Intervention, sondern er ist eher auf Aspekte zurückführen, die den Gruppen gemein sind (für mögliche Erklärungen, siehe Drissner et al. 2010).
Implikationen
Diese Studien zeigen, dass das Grüne Klassenzimmer einen positiven Einfluss auf Einstellungen gegenüber Kleintieren und der Umwelt hat, und die intrinsische Motivation steigert, etwas über Kleintiere zu lernen. Das gesteigerte Interesse und die positive Einstellung gegenüber Kleintieren könnte erklären, wieso Schüler, die das Grüne Klassenzimmer besucht haben, noch Jahre später positivere Emotionen und bessere Kenntnisse über Kleintiere unseres Lebensraumes aufweisen als Schüler, die nicht an dem Ausflug teilgenommen haben. Eine solche Nachhaltigkeit mag auf einen engen Zusammenhang zwischen Kenntnissen und Einstellungen hindeuten. Die Ergebnisse der Teilstudien weisen darauf hin, dass ein pädagogischer Rahmen hier einen wertvollen prägen den Einfluss hat, der Einstellungen und Motivationen gegenüber bestimmten Tieren beeinflusst, und auf das allgemeine Umweltverhalten sowie auf langfristige Kenntnisse und Emotionen, die mit Tieren des Grünen Klassenzimmers assoziiert sind, übergreifen könnte.
Publikationen
Drissner, J., Krimm, H., & Hille, K. (2017). Attitudes of School Children in Germany, Costa Rica and Ukraine. Towards Invertebrates – A Comparison. International Journal of Modern Education Research, 4(2), 6-9.
Drissner, J., Simonte, M., & Hille, K. (2016). Attitudes of School Children in Germany and Costa Rica towards Invertebrates – A Comparison. Research Journal of Education, 2(3), 34-37.
Drissner, J., Gelder, J., & Hille, K. (2015). Welche Faktoren im Unterrichtsgeschehen der Ulmer „Zooschule “sind für Schulkinder besonders einprägsam? Der Zoologische Garten, 84(3-4), 184-192.
Drissner, J. R., Haase, H.-M., Wittig, S., & Hille, K. (2014). Short-term environmental education: long-term effectiveness? Journal of Biological Education, 48(1), 9-15.
Drissner, J., Steigmüller, M.-L., & Hille, K. (2013). Environmental Education outside school: effects of a half-day teaching programme. Education Journal, 2(6), 231-235.
Drissner, J., Haase, H.-M., Rinderknecht, A. & Hille, K. (2013). Effective Environmental Education through Half-Day Teaching Programmes Outside School. ISRN Education, 2013, 6.
Drissner, J., Haase, H.-M., Nikolajek, M., & Hille, K. (2011). Environmental Education in a ‘Green Classroom’. Resonance – Journal of Science Education, 16(2), 180-187.
Drissner, J., Haase, H.-M., & Hille, K. (2010). Short-term Environmental Education – Does it work? An evaluation of the “Green classroom”. Journal of Biological Education, 44(4), 149-155
Drissner, J., Haase, H.-M., Debatin, S., & Hille, K. (2009). Das Grüne Klassenzimmer im Botanischen Garten der Universität Ulm: ein Beispiel für die Bedeutung Botanischer Gärten für die Umweltbildung. Der Palmengarten, 73(2), 126-131.
Drissner J., Hille K., Debatin S., Haase H.-M. (2008). Das Grüne Klassenzimmer im Botanischen Garten der Universität Ulm – eine Wirkungsanalyse Diskurs Kindheits- und Jugendforschung Heft 2 2008, 209-218.

Fokus Kind – Projekt zur Gestaltung des Bildungstages von Kindern in Sachsen
„Fokus Kind – ein Projekt zur Gestaltung des Bildungstages von Kindern in Sachsen“ wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus in Auftrag gegeben und war ein Kooperationsprojekt zwischen dem Sächsischen Bildungsinstitut (SBI) und dem ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm.

Mai 2009 bis Dezember 2012
Kooperationspartner
Sächsisches Bildungsinstitut (SBI)
Veröffentlichungen
Fokus Kind – Ausgewählte Ergebnisse (PDF)
Streb, J., Keis, O., Lau, M., Hille, K., Spitzer, M., & Sosic-Vasic, Z. (2015). Emotional engagement in kindergarten and school children: A self-determination theory perspective. Trends in Neuroscience and Education, 4(4), 102-107.
Sosic-Vasic, Z., Keis, O., Lau, M., Spitzer, M., & Streb, J. (2015). The Impact of Motivation and Teachers’ Autonomy Support on Children’s Executive Functions. Frontiers in Psychology, 6, 146.
Sosic-Vasic, Z. & Streb, J. (2010). Fokus Kind – Wissenschaftliche Untersuchung des Bildungstages aus Sicht von Kindern in Sachsen. Diskurs für Kindheits- und Jugendforschung, 3, 341-346.
Sächsisches Bildungsinstitut und ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen (2013). Fokus Kind – Impulse für gelingendes Lernen. Seelze. Friedrich-Verlag.
Sosic-Vasic, Z., Schneider, S., & Streb, J. (2010). Adaption and validation of the German versions of a set of scales measuring self-determination within a sample of German school children. Paper presented at the 4th International SDT Conference, Ghent, Belgien.
Schneider, S., Sosic-Vasic, Z., Lau, M., Eberhart, J., Keis, O., & Streb, J. (2010). Selbstbestimmungs- und Kohärenzgefühle von Kindern im Grundschul- und Sekundarschulalter – Ergebnisse einer Validierungsstudie. Paper presented at the 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie Bremen.
Liebscher-Schebiella, P., Streb, J., & Sosic-Vasic, Z. (2010). Ein Projekt zur Gestaltung des Bildungstages von Kindern in Sachsen. Paper presented at the CeBU-Tagung 2010, Bildung und individuelle Förderung in Kindertageseinrichtungen und Schulen, Centrum für Bildungs- und Unterrichtsforschung, Hildesheim.
Sosic-Vasic, Z., Schneider, S., & Streb, J. (2009). Fokus Kind: ein Projekt zur Gestaltung des Bildungstages von Kindern in Sachsen mit Blick auf Selbstbestimmungs- und Kohärenzgefühle. Paper presented at the 73. Tagung der Arbeitsgruppe für empirische pädagogische Forschung, Selbstregulation – Fremdregulation, Bochum.

Der Einfluss von Licht auf kognitive Prozesse
In dem Kooperationsprojekt mit der Firma OSRAM AG ging es darum, den Einfluss von biologisch optimierter Beleuchtung im Klassenzimmer (d.h. Licht mit hohen Blauanteilen) auf Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden von Schülern zu untersuchen.
Juli 2011 bis Juni 2012
Kooperationspartner
Firma OSRAM AG
Methode
An zwei Schulen in Ulm wurde jeweils ein Klassenzimmer mit OSRAM-Beleuchtung ausgestattet, während die jeweiligen Klassenräume nebenan, welche mit Standardbeleuchtung versehen waren, als Kontrollsettings dienten. Die teilnehmenden Schüler an der Studie hatten sowohl Unterricht im Klassenraum mit der biologisch optimierten Beleuchtung als auch im Klassenzimmer mit Standardbeleuchtung.
Um nun die Wirkung der unterschiedlichen Beleuchtungen auf die Leistungsfähigkeit der Schüler festzustellen, wurden psychologische Aufmerksamkeits- und Leistungstests durchgeführt.
Ergebnisse und Implikationen
Die Schüler zeigen bei Unterricht mit der OSRAM-Beleuchtung eine höhere kognitive Leistungsgeschwindigkeit und bessere Leistungen im Aufmerksamkeitsbelastungstest als unter Standardlicht. Viele Schüler äußerten auch, das neue Licht im Klassenzimmer „mache wach“.
Veröffentlichungen
Keis, O., Helbig, H., Streb, J., & Hille, K. (2014). Influence of blue-enriched classroom lighting on students? cognitive performance. Trends in Neuroscience and Education, 3(3–4), 86-92. doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.tine.2014.09.001
Beiträge auf wissenschaftlichen Tagungen
Keis, O., & Hille, K. (2012). Wirkung biologisch optimierter Beleuchtung auf die kognitive Leistung von Schülern. Paper presented at the 6. DIN-Expertenforum: Wirkung des Lichts auf Menschen, Berlin.

Der Einfluss der morgendlichen Nahrungsaufnahme auf die kognitiven Leistungsfähigkeiten von Schulkindern
10 – 30% der Schulkinder beginnen ihren Tag ohne Frühstück. Diese Studie hat untersucht, ob das Frühstück einen Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Stimmung von Kindern und Jugendlichen hat.
2005 bis 2008
Kooperationspartner: Institut für Epidemiologie, Universität Ulm: Jochen Klenk
Methode
Die randomisierte Cross-Over Interventionsstudie wurde mit 104 13 – 20 jährigen Schülern in Internaten durchgeführt. Die Teilnehmer wurden am Morgen des ersten Testtages zufällig in 2 gleichgroße Gruppen eingeteilt. Die eine Hälfte erhielt ein standardisiertes Frühstück, die andere eine verlängerte nächtliche Fastenperiode. Nach sieben Tagen erhielten sie die entgegengesetzte Methode. Anschließend wurden lernrelevante kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Langzeitgedächtnis, verbales und räumliches Gedächtnis, und Emotionen mit Hilfe standardisierter Tests und Fragebögen untersucht. Die Emotionen wurden anhand der Dimensionen von positiven und negativen Affekten, Informationsaufnahme, Erregung und Aufmerksamkeit bewertet. Die statistische Analyse bestand in der Varianzanalyse mit wiederholten Messungen.
Ergebnisse und Implikationen
Das Frühstück hatte keine Auswirkungen auf die langfristige Aufmerksamkeit der Schüler. Das visuell-räumliche Gedächtnis wurde bei den männlichen Schülern verbessert. Die Aufmerksamkeit wurde nach eigenen Angaben bei allen Teilnehmern der Studie kurzzeitig wesentlich verbessert. Die männlichen Teilnehmer gaben an, sich nach dem Frühstücken besser zu fühlen, als nach dem verlängerten Fasten.
Diese Crossover Studie hat gezeigt, dass Frühstücken positive kurzzeitige Affekte auf kognitive Fähigkeiten und selbst angegebene Aufmerksamkeit bei Sekundarschülern hat. Die beobachteten Unterschiede zwischen den Geschlechtern und potentielle vermittelnde Effekte zwischen Emotionen und kognitiven Leistungen bedürfen weiterer Untersuchungen.
Publikationen
Widenhorn-Müller, K., Weiland, U. (2005): Mit Frühstück zu besseren Schulnoten? Gesunde Zukunft für Schulen, S. 16-20. Landesinstitut für Schule, Bremen
Widenhorn-Müller, K., Hille, K., Klenk, J. Weiland, U. (2008): The Influence of Having Breakfast on Cognitive Performance and Mood in 13 to 20 year old High School Students: Results of a Crossover Trial. Pediatrics 122(2), S. 279-284

“DEMO” – Denken in naturwissenschaftlichen Modellen
Für den Erkenntnisgewinn in den Naturwissenschaften sind Modelle von zentraler Bedeutung. Bereits im Anfangsunterricht spielen sie eine wichtige Rolle, wenn Kinder Alltagsphänomene mit naturwissenschaftlichen Arbeitsmethoden erforschen.
Juni 2006 bis Juni 2007
Kooperationspartner
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
Oskar-Maria-Graf-Gymnasium Neufahrn
Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching
Wie tragfähig und anschaulich sind aber die von Lehrern und Schulbüchern verwendeten Modelle? Untersucht wurden die Fragen:
Methode
Drei Themen (Schmelzen, Lösen, Verbrennen) werden mit Hilfe von 3 Modelltypen (Kugelmodell, Comic, Legomodell) aufgearbeitet. Der Lernzuwachs der Kinder wird mit Lernstandserhebungen ermittelt. Am Ende der Untersuchung wird anhand eines neuen Sachverhalts (Theaterblut – eine chemische Reaktion) untersucht, ob und in welchem Umfang die Kinder Modelle als Erklärungshilfen einsetzen. Das Unterrichtsmaterial wurde multimediabasiert entwickelt.
Stichprobe: 116 Kinder (vier 5. Gymnasialklassen)
Abb. analoges und wissenschaftliches Modell
Ergebnisse und Implikationen
Die Frage, welche Art von Modell die Veranschaulichung vertieft, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Mit keinem der drei Typen lässt sich ein besseres Verständnis erzielen als mit einem anderen.
Des Weiteren kann man festhalten, dass die Schüler Modelle nur dann als Erklärungshilfen anwenden, wenn sie explizit danach gefragt werden.
Am besten gefallen hat den Kindern das Comicmodell, gezeichnet wird von ihnen allerdings hauptsächlich das Kugelmodell.
Außerdem steckten wir uns für jede Lerneinheit drei Ziele, die zum größten Teil nicht erreicht wurden, obwohl das Projekt bei den Probanden sehr gut ankam. Hinzu kommt, dass die Trickfilme das Entstehen von Fehlvorstellungen nicht verhindern konnten. Aus diesen Gründen war es nötig die Modellfilme zu optimieren. Besonders auffällig erwiesen sich die Defizite in der letzten Lerneinheit, weshalb wir vorschlagen, sie zukünftig in der achten Jahrgangsstufe anzusiedeln. Geändert wurden immer nur diejenigen Filme, welche für das Alter der Schüler angemessen erschienen. Für die fünfte Klasse wurde das Comicmodell und für die achte Klasse das Kugelmodell gewählt. Daraufhin wurden Unterrichtsentwürfe, in denen die Animationsfilme Verwendung finden, konzipiert. In der Planung wurde besonders auf Eigentätigkeit der Schüler Wert gelegt und versucht, Fehlvorstellungen vorzubeugen.
Publikationen
Hock, K., Schels, J., Meyer, J., Zimmerer, E., Vogt. K. et al. (2007). DEMO – Denken in Modellen. 9. Europäischer Chemielehrerkongress, VCÖ, Leoben
Die tägliche Bewegungszeit in der Schule: Untersuchung der Wirkung von Bewegung auf Lernen
Über die gesundheitsprotektive Wirkung des Sports hinaus finden sich in den letzten Jahren vermehrt Hinweise auf eine positive Wirkung des Sports auf kognitive Prozesse. Es ist bis heute unklar, welche Prozesse der positiven Wirkung körperlicher Aktivität auf Geist und Seele zugrunde liegen.
2005 bis 2006
1.) Die tägliche Sportstunde. In diesen Zeiten bewegten sich die Schüler unter Anleitung aktiv in Form einer täglichen, zusätzlichen Sportstunde. Es wurden ausdauerintensive Aktivitäten wie Ballspiele, Badminton oder Jogging durchgeführt.
2.) Die täglich „bewegte Schule“. Es wurden regelmäßig strukturierte und standardisierte Bewegungssequenzen von 2-3 Minuten vom Fachlehrer in den Unterricht eingebaut. Die Bewegungssequenzen wurden im Vorfeld sorgfältig ausgewählt und im Verlauf des Untersuchungszeitraumes dokumentiert.
Methode
Um die Wirkung der Bewegungszeit auf Konzentration, Gedächtnis und Wohlbefinden prüfen zu können, wurde jeweils eine Parallelklasse ausgewählt, die vom selben Fachlehrer im gleichen Fach unterrichtet wurde, allerdings ohne eine tägliche Bewegungszeit. Begleitend wurden die Schüler sowohl aus Versuchs- als auch Kontrollgruppe gebeten standardisierte Testinstrumente auszufüllen. Erfasst wurden die Konzentrationsleistung (d2 Aufmerksamkeits- und Belastungstest und Frankfurter Aufmerksamkeitsinventar), das Wohlbefinden (Positive And Negative Affect Scale), das Arbeitsgedächtnis (Zahlenspanne) sowie das Körperbild (Fragebogen zum Körperbild).
Beide Bewegungsbedingungen wurden an jeweils zwei Schulen durchgeführt. Um einen ersten Vergleich hinsichtlich verschiedener Schulformen ziehen zu können, wurden verschiedene Schultypen (Berufsschule, Gymnasium) ausgewählt. Alle Probanden wurden im Vorfeld vollständig informiert und erklärten ihr Einverständnis.
Ergebnisse und Implikationen
Es zeigte sich eine positive Wirkung der täglichen Bewegungszeit auf das Wohlbefinden der Schüler. Werte der positiven Befindlichkeit nahmen zu, während die negative Stimmung deutlich vermindert werden konnte. Im Besonderen profitierten in der untersuchten Stichprobe die Mädchen, sie zeigten einen deutlicheren Einfluss der körperlichen Aktivität auf Stimmung und Wohlbefinden als die männlichen Teilnehmer. Es ist an dieser Stelle allerdings nicht auszuschließen, dass dieser Effekt eine Besonderheit der untersuchten Stichprobe ist, da die Geschlechterverteilung nicht in allen Klassen gleich war. In der Hauswirtschaftlichen Berufsschule Aalen waren in der untersuchten Klasse ausschließlich Frauen, während in der Gewerblichen Berufsschule Schorndorf fast ausschließlich Männer teilnahmen, so dass ein Vergleich zwischen den Geschlechtern nur zwischen Schulen möglich war.
Hinsichtlich der Konzentrationsleistung zeigte sich ein weniger einheitliches Bild: die Konzentrationsleistung insgesamt zeigte sich in keiner Gruppe besonders beeinflusst. Alle Gruppen, Bewegungsgruppen wie auch Kontrollgruppen, zeigten einen signifikanten Anstieg der Konzentrationsleistung über den Untersuchungszeitraum. Diese unspezifischen Verbesserungen sind auf Testübungseffekte zurückzuführen. Allerdings zeigte sich im Bereich der Fehler ein statistisch bedeutsamer Effekt: die Gruppen, die mehr Bewegung in ihrem Schulalltag integrierten, machten insgesamt weniger Fehler. Dieser Effekt war allerdings nicht bei allen untersuchten Gruppen zu beobachten: bei den Gymnasiasten aus Asperg trat dieser Effekt nicht zu Tage.
Insgesamt ist der Versuch der vermehrten Bewegung im Schulalltag als sehr positiv zu bewerten. Das subjektive Empfinden der Schüler zeigte sich als sehr positiv, sie berichteten sich konzentrierter und motivierter zu fühlen. Weitere systematische Untersuchungen, Bedingungen der positiven Wirkung von Bewegung im Schulalltag zu identifizieren und Möglichkeiten diese Bewegung verstärkt in den Schulalltag zu integrieren, sind wünschenswert.
Qualifizierungsarbeiten
Ritteser, M. (2006). Bewegung und Lernen: Auswirkungen von Bewegung in der Schule auf Konzentration, Merkfähigkeit und Befindlichkeit. Medizinische Dissertation, Universität Ulm.